Neuer Marker zur Früherkennung von Suizidrisiken bei Depressionen

Zum Welttag der Suizidprävention am 10. September 2025 stellt ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) eine neue Methode zur Früherkennung von Suizidgedanken bei Patienten mit schweren Depressionen vor. Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Suicide and Life-Threatening Behavior, zeigt, wie das Konzept des Leibvertrauens als diagnostischer Marker genutzt werden kann, um gefährdete Personen frühzeitig zu identifizieren.
Menschen mit schweren Depressionen, insbesondere bei bipolaren Erkrankungen, haben ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko und eine geringere Lebenserwartung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Trotz intensiver psychiatrischer Betreuung kommt es immer wieder zu unerwarteten Suizidversuchen oder Todesfällen, da es bislang kaum zuverlässige Marker gibt, die eine akute Suizidgefahr anzeigen. Die MHB-Forscher haben nun einen Ansatz entwickelt, der auf der Interozeption basiert – der Wahrnehmung innerer Körpersignale wie Herzschlag, Atmung oder Hunger. Sie stellten fest, dass Patienten mit schwerer Depression ein höheres Suizidrisiko aufweisen, je weniger sie ihren Körper als sicher und vertrauenswürdig erleben.
Die Methode nutzt einen einfachen Schwellenwert, der durch drei kurze Fragen zu Beginn eines stationären Aufenthalts erfasst wird. So können Ärzte frühzeitig Patienten mit gestörter Interozeption erkennen, die besonders gefährdet sind, insbesondere nach der Entlassung aus der Klinik. Diese Übergangsphase gilt als kritisch, da Betroffene oft noch instabil sind und im Alltag nur begrenzt unterstützt werden. Die neue Methode ermöglicht es, gezielte Präventionsmaßnahmen bereits während der stationären Behandlung einzuleiten, um das Risiko für Suizidgedanken oder -handlungen zu reduzieren.

Die Studie hebt hervor, dass es außer der Langzeittherapie mit Lithium derzeit keine Medikation gibt, die das Suizidrisiko zuverlässig senkt. Die Berücksichtigung des Leibempfindens in der Therapie könnte daher einen wichtigen Fortschritt darstellen. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, internationale Erkenntnisse zur gestörten Interozeption bei depressiven und suizidalen Menschen stärker in die psychiatrische Praxis zu integrieren.
Der Welttag der Suizidprävention macht jährlich auf die Dringlichkeit der Suizidprävention aufmerksam. Weltweit sterben über 700.000 Menschen pro Jahr durch Suizid, häufig im Zusammenhang mit Depressionen. Fortschritte in der Forschung, wie die neue Methode der MHB, sind entscheidend, um diese Zahl zu senken und die Versorgung von Betroffenen zu verbessern.
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Dazu passend:
Suizidpräventionsgesetz (SuizidPrävG-E) | BMG
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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