Neue fluoreszierende Marker entschlüsseln Wirkweise von Tirzepatid

Eine internationale Studie unter Beteiligung des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin hat bahnbrechende Fortschritte in der Erforschung moderner Diabetes- und Adipositas-Medikamente erzielt. Mithilfe neuartiger fluoreszierender Marker wurde erstmals sichtbar gemacht, wie das Medikament Tirzepatid durch Körper und Gehirn wandert und welche Zielzellen es anspricht. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Zeitschrift Nature Metabolism, eröffnen neue Perspektiven für die Verbesserung von Therapien gegen Diabetes und Fettleibigkeit.
Tirzepatid, bekannt unter den Handelsnamen Mounjaro und Zepbound, ist ein dualer Agonist, der gleichzeitig an GLP-1- und GIP-Rezeptoren bindet. Diese Rezeptoren, die in der Bauchspeicheldrüse und im Gehirn vorkommen, fördern die Insulinfreisetzung nach Mahlzeiten und regulieren Appetit sowie Stoffwechsel. Während die Wirkung von Tirzepatid auf den Blutzucker und das Körpergewicht gut dokumentiert ist, war bisher unklar, welche spezifischen Zellen das Medikament aktiviert. Ein Forscherteam unter Leitung von Johannes Broichhagen (FMP), David Hodson (Universität Oxford) und Anne de Bray (Universität Birmingham) entwickelte fluoreszierende Marker, sogenannte daLUXendins, die diese Lücke schließen.

Die daLUXendins ermöglichen die Visualisierung von GLP-1- und GIP-Rezeptoren in lebenden Zellen und Geweben. Damit konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass Tirzepatid vor allem an Betazellen, aber auch an Alpha- und Deltazellen in der Bauchspeicheldrüse bindet. Im Gehirn aktiviert das Medikament spezifische Nervenzellen und Tanyzyten, die für die Appetitkontrolle und den Stoffwechsel entscheidend sind. Besonders aufschlussreich war die Entdeckung von Rezeptor-Clustern in Inselzellen, die durch superauflösende Mikroskopie sichtbar wurden. Diese Cluster könnten erklären, warum duale Agonisten wie Tirzepatid besonders effektiv sind.
Die Studie zeigt, dass die Marker nicht nur die Wirkorte von Tirzepatid aufzeigen, sondern auch helfen, die Dynamik der Signalwege zu verstehen. Dies könnte zukünftige Therapien präzisieren, etwa durch eine gezielte Verbesserung des Zugangs von Medikamenten ins Gehirn. Allerdings weist die Studie Grenzen auf: Die Untersuchungen basierten hauptsächlich auf Mausmodellen, und die Marker sind nicht identisch mit Tirzepatid. Weitere Forschung ist nötig, um die Ergebnisse auf den Menschen zu übertragen und die Farbpalette der Marker zu erweitern.
Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung dualer Agonisten und werfen zugleich neue Fragen auf, etwa zur Wirkung von triple Agonisten mit Glukagon-Anteil. Die Studie markiert einen wichtigen Schritt hin zu optimierten Behandlungen für die weltweit zunehmenden Erkrankungen Diabetes und Adipositas, deren Prävalenz laut WHO seit den 1980er-Jahren stark gestiegen ist.
Original Paper:
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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