NACHGEFRAGT: MRT – Wenn die Radiologie die Behandlung verwehrt

Das radiologie.zentrum.nordharz in Goslar verweigerte MedLabPortal-Redakteurin und Journalistin Marita Vollborn eine ärztlich verordnete und durch die KVN (Rufnummer 116 117) per Dringlichkeitsgscode vermittelte MRT-Untersuchung, nachdem diese zuvor zugesagt worden war. Skurrile Begründung aus Goslar: Die Geschäftsleitung habe sich so entschieden. Begründung: Keine. Angabe zu Namen der “Entscheider”: Keine. Inwieweit die Abweisung etwas mit der journalistischen Arbeit der Patientin zu tun haben könnte, und ob Medienmenschen um ihre Gesundheitsversorgung bangen müssen, wollten wir vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung wissen – und auch, welche Rechte Patientinnen und Patienten in solchen Fällen haben.
MedLabPortal: Ist es rechtlich zulässig, dass eine Radiologiepraxis Patienten nach bestätigtem Termin aus persönlichen Gründen ablehnt? Auf welche gesetzliche Grundlage stützt sich eine solche Entscheidung?
Ministerium: Generell gilt das Gebot der Berufsfreiheit, das heißt außer in Notfällen dürfen Ärztinnen und Ärzte grundsätzlich frei entscheiden, ob sie Patienten behandeln oder nicht. Vertragsärzte bzw. Kassenärzte, die über eine Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung verfügen, haben jedoch grundsätzlich eine Behandlungspflicht gegenüber einem gesetzlich versicherten Patienten. Diese Pflicht ist im Sozialgesetzbuch V (§ 95 Abs. 3 S. 1 SGB V) und im Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) geregelt. Der Arzt kann die Behandlung eines Kassenpatienten nur aus einem begründeten Fall ablehnen (insb. § 13 Abs. 7 S. 3 BMV-Ä), z. B. wenn das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten gestört ist.
MedLabPortal: Welche konkreten Patientenrechte haben gesetzlich Versicherte im Rahmen einer ärztlich verordneten MRT-Untersuchung – insbesondere nach Vermittlung durch die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung?
Ministerium: Der Anspruch auf die MRT-Untersuchung selbst hängt von der medizinischen Notwendigkeit ab, die der überweisende Arzt feststellt. Ohne eine gültige Überweisung kann eine Radiologie-Praxis die Untersuchung nicht über die Krankenkasse abrechnen. Nachdem ein Termin durch die Terminservicestelle vermittelt wurde, kommt mit dem Radiologen ein Behandlungsvertrag zustande. Der Radiologe darf die Behandlung grundsätzlich nicht ohne konkreten, medizinischen oder verhaltensbedingten Grund (wie z.B. ein gestörtes Vertrauensverhältnis) ablehnen.
Sollte die Radiologie-Praxis den Termin, der über die Terminservicestelle vermittelt wurde, ohne konkreten Grund ablehnen, haben Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, die Terminservicestelle zu kontaktieren, um den Vorfall zu melden. Bei wiederholter oder ungerechtfertigter Ablehnung kann eine Beschwerde bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) eingereicht werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts u.a. für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung verantwortlich. Hierzu zählt auch, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzte – ggf. mit Disziplinarmaßnahmen – zur Erfüllung ihrer Behandlungspflicht anzuhalten.
Auch die Krankenkassen können dabei unterstützen, eine Lösung zu finden. Darüber hinaus berät die Landespatientenschutzbeauftragte Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen in grundsätzlichen Fragen der medizinischen Versorgung und in der Wahrnehmung ihrer Rechte.

MedLabPortal: Gibt es besondere Schutzmechanismen oder Empfehlungen für Patienten, die in der Vergangenheit kritisch über medizinische Verfahren oder Produkte berichtet haben, um Diskriminierung durch Leistungserbringer zu verhindern?
Ministerium: Für alle Patientinnen und Patienten in Niedersachsen gelten die zuvor genannten Schutzmechanismen. Besondere Regelungen für Patientinnen und Patienten, die in der Vergangenheit kritisch berichtet haben, gibt es nicht.
MedLabPortal: Welche Beschwerde- und Schlichtungsstellen können betroffene Patienten im Falle einer willkürlichen Ablehnung durch eine Praxis nutzen, und wie ist das weitere Verfahren geregelt?
Ministerium: Siehe Antwort auf Frage 2.
MedLabPortal: Welche Erkenntnisse oder Statistiken liegen Ihnen über den Ausschluss kritischer bzw. investigativer Journalisten von GKV-Leistungen vor?
Ministerium: Hierzu liegen dem Niedersächsischen Gesundheitsministerium keine Erkenntnisse vor.
MedLabPortal: Welche Rolle spielen die Kassenärztliche Vereinigung und das Gesundheitsministerium bei der Sicherstellung, dass sämtliche gesetzlich Versicherte diskriminierungsfrei Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten?
Ministerium: In Deutschland gelten im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung bundesweite Regelungen sowie das Prinzip der Selbstverwaltung. Dies bedeutet, dass der Bundesgesetzgeber den gesetzlichen Rahmen vorgibt und die Träger des Gesundheitswesens in eigener Verantwortung die Gesundheitsversorgung gewährleisten.
Die KVN ist für die flächendeckende, wohnortnahe ambulante Versorgung der Bevölkerung in Niedersachsen verantwortlich. Das Niedersächsische Gesundheitsministerium hat die Rechtsaufsicht über die KVN und hat in diesem Rahmen zu prüfen, ob sich die KVN an Gesetz und sonstiges für sie maßgebendes Recht hält. Zudem kann das Ministerium mit der 2016 eingerichteten Stabsstelle der/des Landespatientenschutzbeauftragten unterstützen.
MedLabPortal: Vielen Dank für Ihre Zeit.
Die Fragen stellte Marita Vollborn
Weiterführende Informationen:
116117 Terminservice: Arzttermine für gesetzlich Versicherte online buchen – 116117.de
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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