NACHGEFRAGT: “Die DGKL ist auch dieses Jahr wieder bei der MEDICA präsent”
Nach dem Kongress ist vor der Messe: Knapp einen Monat nach Ende des DKLM 2025 in Leipzig startet die MEDICA am 17. November 2025 in Düsseldorf. MedLabPortal wollte vom Bevollmächtigten des Präsidiums der DGKL, Jan Wolter, wissen, ob sich die Fachgesellschaft dort auch dieses Jahr einbringen wird – und wie es derzeit um die Labormedizin in Deutschland steht.
Herr Wolter, MedLabPortal war als Informationsportal der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) ideeler Partner des MEDICA LABMED FORUM 2024. Wie sieht es dieses Jahr aus?
Wolter: Die DGKL ist auch dieses Jahr wieder bei der MEDICA präsent und widmet sich zentralen Themen, die wir auch auf dem MedLabPortal behandeln.
Auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin ist die DGKL, Herausgeberin des MedLabPortals, als wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft nicht wegzudenken. Wen wollen Sie mit der vorhin skizzierten Kooperation mit der Medica zusätzlich erreichen?
Wolter: Als Fachgesellschaft richten wir mit dem Deutschen Kongress für Laboratoriumsmedizin eine eigene, große, erfolgreiche Leitveranstaltung aus, die das nächste Mal im kommenden Jahr am 1. und 2. Oktober in Hamburg stattfindet, sowie weitere Veranstaltungen. Über die Medica erreichen wir zusätzlich Menschen, die vielleicht nicht extra nach Leipzig oder Hamburg kämen, um sich einen ganzen Tag oder zwei Tage mit Labormedizin auseinanderzusetzen. Dass diese Strategie aufgeht, sehen wir daran, dass sowohl unsere eigenen Veranstaltungen gut gefüllt sind wie auch die Reihen bei der Medica.

Im Oktober haben Sie in Leipzig die MedLab Abwards vorgestellt. Was steckt hinter der Idee, die Preise der DGKL unter diesem Dach zu fokussieren?
Wolter: Die Labormedizin ist eine spannende, hochinnovative und für die medizinische Versorgung unverzichtbare Branche. Nur leider kriegt davon kaum jemand etwas mit. Das liegt daran, dass der Patient kaum direkte Berührungspunkte damit hat. Für ein MRT gehen Sie zum Radiologen und legen sich dort in das Gerät. Die Blutprobe nimmt aber Ihr Hausarzt ab und schickt sie dann weg. Die Ergebnisse stellt er Ihnen vor. Wir müssen die Labormedizin stärker ins Rampenlicht rücken und die Erfolge und Innovationen bekannter machen – und dürfen sie auch mal feiern. Die MedLabAwards sind dafür die Bühne. Damit wollen wir natürlich auch den Nachwuchsfördern und für das Fach begeistern.
Da wir schon beim Nachwuchs sind: In den USA stehen wissenschaftliche und medizinische Einrichtungen und Universitäten derzeit massiv unter Druck. Welche Auswirkungen hat das auf die deutsche Labormedizin?
Wolter: Für die Labormedizin kann das natürlich eine Chance sein, Forscher aus den USA abzuwerben. Dafür müssen hier aber die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Universitäten müssten dafür besser ausgestattet und vor allem finanziert werden. Auch die Bürokratie ist ein Problem.
Auch wenn Sie dadurch Ihre nächste Einreise als Urlauber in die USA gefährden, das hätten wir schon gerne genauer…
Wolter: Ich mache auch sehr gerne Urlaub in Kanada. Aber zu Ihrer Frage: Die Wissenschaft steht in den USA massiv unter Druck, wird zum Teil gar als Feind gesehen. Wir müssen uns hier als klarer Gegenpol aufstellen, wo die Wissenschaft frei ist. Leider sehe ich aber auch hierzulande Tendenzen, dass Fakten immer weniger Bedeutung beigemessen wird.
Und die Medica könnte demnach aus Ihrer Sicht eine Plattform sein, auf der die DGKL mit dem MedLabPortal zur Stimme der freien Wissenschaft avanciert?
Wolter: Das sollte bereits jetzt der Fall sein! Ich kann in jedem Fall dafür werben, dass Wissenschaftler aus der Labormedizin und Klinischen Chemie das MedLabPortal als Möglichkeit für sich erkennen, ihre Themen und Forschungsergebnisse zu verbreiten.
Wie Sie wissen, provozieren wir gerne: In Deutschland wird viel geredet, noch mehr angekündigt, aber am Ende wenig umgesetzt. Gilt das auch für die Labormedizin?
Wolter: Gerade wenn es um Themen wie Digitalisierung und Automatisierung geht, wo in Deutschland sehr viel geredet wird aber letztlich nicht viel passiert, wir denken an die Gesundheitskarte, agiert die Labormedizin im Vergleich geradezu mit Lichtgeschwindigkeit. Auch die DGKL treibt diese Themen weiter voran und digitalisiert und automatisiert Prozesse innerhalb der Fachgesellschaft.
Da wir bei KI und Digitalisierung sind. Sie haben aus dem Kreis des sogenannten Jungen Labors der DGKL sehr hochkarätige und patente Fachleute gewonnen, um die Digitalisierung der Fachgesellschaft voranzutreiben. Das ist löblich – aber haben Sie auch Vorschläge in Sachen Cybersicherheit? Die Bedrohungslage ist global, und der Druck kommt nicht nur aus den USA…
Wolter: Wir haben mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass dem Thema mehr Beachtung geschenkt werden muss und uns dazu unter anderem mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz ausgetauscht. Um mehr Sicherheit auch finanzieren zu können, hatte ich den Cybercent vorgeschlagen. Dabei wird jede Probe mit einem minimalen Zusatzbeitrag „vergütet“. Das Geld wandert in einen Topf, aus dem Sicherheitsmaßnahmen gefördert, beziehungsweise finanziert werden.
Sie selbst zählen zu den bekanntesten Sicherheitsexperten der Republik und waren Geschäftsführer eines Verbandes, zu dessen Kooperationspartnern Institutionen wie das BKA, BND, BfV und BSI zählten. Wie sollte sich die Labormedizin, die immerhin als kritische Infrastruktur betrachtet wird, sicherheitstechnisch für die Zukunft wappnen?
Wolter: Danke für die Blumen, aber da überschätzen Sie meinen Bekanntheitsgrad. Fakt ist aber: Die Labormedizin steht als kritische Infrastruktur zweifelsohne im Fokus. Welche Szenarien hier denkbar sind und welche Akteure alles auf den Plan treten können, möchte ich gar nicht ausführen. Wie sagte ein Innenminister einmal? „Die Antwort könnte die Bevölkerung beunruhigen.“ Vor allem aber möchte ich niemanden Ideen oder Anregungen liefern. Die Labormedizin ist daher gut beraten, wenn sie sich auf militärischem Niveau absichert. Software und Hardware spielen dabei natürlich eine wichtige Rolle, ein besonderer Fokus sollte aber auf die Mitarbeiter gelegt werden. Diese müssen sensibilisiert werden. Für viele klingt das, was heute nicht nur möglich, sondern auch gängiger modus operandi ist, immer noch nach Science-Fiction oder James Bond.
Unsere letzte Frage, weil Bundesgesundheitsministerin Nina Warken dieses Interview vermutlich lesen wird: Was möchten Sie ihr mitteilen?
Wolter: Die Politik neigt dazu, sich einem Thema immer erst dann anzunehmen, wenn es zum Problem wird, wenn etwas nicht mehr funktioniert. Oder wenn jemand auf die Idee kommt, es könnte helfen, ein anderes Problem zu lösen. Von daher: Die Labormedizin kann bei vielen Problemen ein wichtiger Teil der Lösung sein. Wenn die Rahmenbedingungen sich nicht bessern, besteht die Gefahr, dass sie selbst zum Problemfall wird. Wenn sie dazu mehr wissen möchte, sollte sie mit unabhängigen Praktikern und Wissenschaftlern der Labormedizin sprechen. Die findet sie bei uns.
Herr Wolter, vielen Dank für Ihre Zeit.
die Fragen stellten Marita Vollborn und Vlad Georgescu
Weiterführende Informationen:
MEDICA – Foren & Konferenzen im Überblick
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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