Mögliches Risiko von Herzinfarkten durch Erkältungsmittel mit Pseudoephedrin

Forschende der Uniklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) untersuchen, ob frei verkäufliche Erkältungsmittel mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin bei bestimmten Menschen Herzinfarkte oder andere schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse auslösen können. Einzelne Fallberichte lassen diesen Verdacht aufkommen. Die Studie, gefördert von der Deutschen Herzstiftung, soll klären, ob und unter welchen Bedingungen solche Präparate gefährlich sein könnten.
In den vergangenen Jahren wurden vereinzelt Fälle dokumentiert, in denen zuvor gesunde, oft junge Menschen nach der Einnahme von Pseudoephedrin-haltigen Erkältungsmitteln wie Aspirin Complex oder Grippostad Complex Herzinfarkte oder Schlaganfälle erlitten. Bisherige epidemiologische Studien konnten jedoch keine klaren Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme durch Pseudoephedrin finden. Diesen Widerspruch will ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Eschenhagen, Direktor des Instituts für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie am UKE, nun aufklären.
Aufmerksam wurde Eschenhagen auf die Thematik, als er als Experte für die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft den tragischen Fall eines 42-jährigen Mannes begutachtete. Dieser hatte nur 30 Minuten nach der einmaligen Einnahme eines Beutels des Erkältungspräparates Aspirin Complex einen schweren Herzinfarkt erlitten, an dem er einige Tage später starb. Der Mann hatte zuvor keine Herz-Kreislauf-Probleme. Im Angiogramm (Röntgenbild) nach dem Infarkt waren aber diffuse Spasmen (Verkrampfungen) der Herzkranzgefäße zu sehen.
„Dieser Fall war der Anlass, mich intensiver mit der Materie zu beschäftigen“, berichtet Prof. Eschenhagen. „In der Literatur findet man seit Jahren ähnliche Fallberichte, oft bei zuvor völlig unauffälligen, häufig jungen Menschen.“ Als Pharmakologe ist für ihn der Zusammenhang von Koronarspasmen mit der Einnahme von Pseudoephedrin vollkommen plausibel: „Pseudoephedrin ist ein indirektes Sympathomimetikum, das – übrigens ähnlich wie Amphetamine, also etwa Ecstasy oder Kokain – zur Freisetzung des Neurotransmitters Noradrenalin führt“, erläutert er.

Die Deutsche Herzstiftung unterstützt das Vorhaben mit 77.500 Euro. Ziel ist es, mögliche Risiken besser zu verstehen und besonders gefährdete Personen zu identifizieren. Ein tragischer Fall, bei dem ein 42-jähriger Mann nach der Einnahme eines Erkältungsmittels einen tödlichen Herzinfarkt erlitt, brachte das Thema in den Fokus. Untersuchungen ergaben, dass der Mann zuvor keine Herzprobleme hatte, jedoch diffuse Verkrampfungen der Herzkranzgefäße aufwies.
Pseudoephedrin, ein Wirkstoff in mindestens 15 frei verkäuflichen Erkältungsmitteln, wirkt gefäßverengend und abschwellend bei Erkältungen. Gleichzeitig hat es eine aufputschende Wirkung, ähnlich wie bestimmte Stimulanzien, was seine Beliebtheit erklärt. Es wird geschätzt, dass solche Präparate in Deutschland während einer Erkältungssaison hunderttausendfach eingenommen werden.
Da schwere Nebenwirkungen sehr selten sind, vermuten die Forscher, dass eine seltene genetische Veranlagung manche Menschen anfälliger macht. Um dies zu untersuchen, wird am UKE seit einigen Monaten bei Herzinfarktpatienten gezielt nach der Einnahme von Erkältungsmitteln gefragt. Ein spezieller Fragebogen wurde entwickelt, um solche Fälle zu erfassen. Zudem wird Blut von Infarktpatienten der letzten Jahre auf Pseudoephedrin untersucht und mit einer Kontrollgruppe verglichen.
Die Wissenschaftler hoffen, mindestens 20 Fälle mit schweren Nebenwirkungen zu identifizieren, um mögliche genetische Ursachen zu finden. Selbst mit weniger Fällen könnten erste Erkenntnisse über genetische Risikofaktoren gewonnen werden. Langfristig könnte ein Gentest helfen, gefährdete Personen vor der Einnahme solcher Mittel zu warnen.
Als Alternative empfiehlt Eschenhagen Wirkstoffe wie ASS, Ibuprofen oder Paracetamol zur Linderung von Erkältungssymptomen sowie Nasensprays mit Oxy- oder Xylometazolin. Die aufputschende Wirkung von Pseudoephedrin sieht er kritisch, da sie die Genesung verzögern und in seltenen Fällen ernste Komplikationen wie Herzmuskelentzündungen begünstigen könnte.
Quellen und weitere Informationen:
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 10. April 2024 https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/m-r/pseudoephedrin.html?nn=471274
- BfArM 14. Februar 2019 https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/PSUSAS/m-r/pseudoephedrin-acetylsalicylsaeure_beschluss_cmdh_Anl4.pdf?__blob=publicationFile
- Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft 17. Dezember 2024 https://www.akdae.de/arzneimittelsicherheit/drug-safety-mail/newsdetail/drug-safety-mail-2024-52
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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