Labor-Sensation: Organismen können Energie aus Luft gewinnen

Forschende der Universität Bern haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Australien und Neuseeland einen bedeutenden biologischen Prozess im Labor nachgestellt, der es bestimmten Organismen ermöglicht, Energie direkt aus Wasserstoff in der Luft zu gewinnen. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), bestätigen, dass Mikroorganismen wie Bakterien Wasserstoff als Energiequelle nutzen können, ohne auf Sonnenlicht oder andere Energiequellen angewiesen zu sein.
Wasserstoff, ein Spurengas in der Atmosphäre mit einer Konzentration von nur 0,00005 %, wird trotz einer jährlichen Produktion von etwa 70 Millionen Tonnen durch photochemische und menschliche Prozesse konstant gehalten. Verantwortlich dafür sind Mikroorganismen im Erdboden, die Wasserstoff mithilfe spezialisierter Enzyme, sogenannter Hydrogenasen, aufnehmen und in Energie umwandeln. Die Forschenden bauten eine synthetische Atmungskette aus drei Enzymen in einer künstlichen Lipidmembran nach, die diesen Prozess im Labor reproduziert. Dabei wird Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser umgesetzt, wodurch Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) gespeichert wird, der zentralen Energiequelle von Zellen.

Die Experimente zeigen, dass Organismen trotz der extrem niedrigen Wasserstoffkonzentration in der Luft ausreichend Energie gewinnen können, um in widrigen Umgebungen wie der Antarktis zu überleben, wo organische Energiequellen fehlen. Der Prozess erklärt zudem, warum die Wasserstoffkonzentration in der Atmosphäre stabil bleibt.
Die Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff erzeugt lediglich Wasser als Abfallprodukt und gilt als umweltfreundliche Methode der Energiegewinnung. Die Ergebnisse eröffnen Perspektiven für die nachhaltige ATP-Produktion, etwa in der synthetischen Biologie oder der Medikamentenherstellung. Die Forschenden betonen, dass die Geschwindigkeit der Energiegewinnung bei höheren Wasserstoffkonzentrationen gesteigert werden könnte, was neue Anwendungen ermöglicht. Die Arbeit markiert einen Meilenstein für die Erforschung biologischer Energieprozesse und deren technischer Nutzung.
Original Paper:
ATP synthesis driven by atmospheric hydrogen concentrations | PNAS
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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