Krebszellen: Synapsenbildung mit Nervenzellen fördert Tumorwachstum

von | Sep. 11, 2025 | Forschung, Gesundheit

Ein internationales Forschungsteam hat eine bahnbrechende Entdeckung in der Krebsbiologie gemacht: Zellen des kleinzelligen Lungenkrebses bilden funktionale Synapsen mit Neuronen, um ihr Wachstum zu beschleunigen. Diese Erkenntnis, veröffentlicht in der Zeitschrift „Nature“ unter dem Titel „Functional synapses between neurons and small-cell lung cancer“, eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung innovativer Therapien.

Bisher war die Bildung von Synapsen zwischen Krebszellen und Neuronen nur bei Tumoren bekannt, die direkt aus dem Nervensystem entstehen. Die neue Studie zeigt jedoch, dass auch kleinzelliger Lungenkrebs neuronale Netzwerke des Körpers nutzt, um sich effektiver auszubreiten. Durch die Integration in diese Netzwerke können die Krebszellen ihre Umgebung manipulieren und Wachstumsvorteile erzielen, als wären sie gesundes Gewebe.

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines SCLC-Allotransplantats aus einem Mäusegehirn, die einen synaptischen Kontakt zwischen einer Krebszelle (rot) und einem neuronalen Terminal (gelb) zeigt. | Quelle: Chihab, Ndoci und Gaedke | Copyright: Universität zu Köln
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines SCLC-Allotransplantats aus einem Mäusegehirn, die einen synaptischen Kontakt zwischen einer Krebszelle (rot) und einem neuronalen Terminal (gelb) zeigt. | Quelle: Chihab, Ndoci und Gaedke | Copyright: Universität zu Köln

Die Forschenden analysierten genetische Daten und identifizierten Gene, die an der Synapsenbildung beteiligt sind. In Zellkulturen und Mausmodellen konnten sie nachweisen, dass Krebszellen direkte synaptische Verbindungen zu Neuronen aufbauen. Besonders auffällig war die Kommunikation über die Neurotransmitter Glutamat und GABA, die das Tumorwachstum fördert. In Anwesenheit von sensorischen oder kortikalen Neuronen vermehrten sich die Krebszellen deutlich schneller, was auf eine hohe Anpassungsfähigkeit der Tumore hinweist.

Ein zentraler Befund der Studie ist, dass die Unterbrechung der glutamatvermittelten Signale zu einer geringeren Tumorlast und einem längeren Überleben der Versuchstiere führte. Dieser Ansatzpunkt könnte die Grundlage für neue medikamentöse Behandlungen bilden, die mit bestehenden Chemotherapien kombiniert werden können. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bereits verfügbare Medikamente, die Neurotransmitter blockieren, sowie neue Ansätze zur gezielten Unterbrechung der Kommunikation zwischen Krebs- und Nervenzellen vielversprechende therapeutische Möglichkeiten bieten.

Die Studie wurde von einem internationalen Team unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität zu Köln, der Uniklinik Essen, der Georg-August-Universität Göttingen, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sowie Partnern in München, Antwerpen und an der Stanford-Universität durchgeführt. Die Forschung wurde unter anderem von der Deutschen Krebshilfe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Boehringer Ingelheim Stiftung gefördert.

Die Entdeckung eröffnet neue Wege in der Krebsbehandlung, insbesondere zur Verhinderung von Metastasierung im Gehirn. Das Forschungsteam plant, die molekularen Mechanismen dieser synaptischen Verbindungen weiter zu untersuchen, um optimale Behandlungsstrategien und wirksame Therapiekombinationen zu entwickeln.

Original Paper:

Functional synapses between neurons and small cell lung cancer | Nature


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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