KI-Modell prognostiziert langfristige Gesundheitsrisiken für über 1.000 Erkrankungen

von | Sep. 18, 2025 | Digitalisierung, Gesundheit

Ein neues KI-Modell, entwickelt von Forschern des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Zusammenarbeit mit der Universität Kopenhagen, ermöglicht die Vorhersage individueller Gesundheitsrisiken für über 1.000 Krankheiten über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren. Trainiert mit anonymisierten Gesundheitsdaten aus Großbritannien und Dänemark, zeigt das Modell, das in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, neue Möglichkeiten für personalisierte Gesundheitsstrategien auf, ist jedoch noch nicht für den klinischen Einsatz bereit.

Das Modell basiert auf Algorithmen, die denen großer Sprachmodelle ähneln, und wurde mit Daten von 400.000 Teilnehmern der UK Biobank trainiert. Anschließend wurde es mit Datensätzen von 1,9 Millionen Personen aus dem dänischen Patientenregister getestet. Es analysiert die zeitliche Abfolge medizinischer Ereignisse, wie Diagnosen oder Lebensstilfaktoren, und erkennt Muster, um Krankheitsrisiken und deren zeitlichen Verlauf vorherzusagen. Besonders zuverlässig ist es bei Erkrankungen mit klaren Verläufen wie Diabetes, Herzinfarkte oder Sepsis, während es bei unvorhersehbaren oder seltenen Krankheiten an Genauigkeit verliert.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Modell Wahrscheinlichkeiten für Gesundheitsereignisse liefert, ähnlich wie Wettervorhersagen. Beispielsweise variiert das Herzinfarktrisiko bei Männern zwischen 60 und 65 Jahren je nach Vorerkrankungen und Lebensstil zwischen 4 und 100 pro 10.000 Personen pro Jahr. Frauen zeigen ein geringeres Risiko, aber eine ähnliche Streuung. Kurzfristige Vorhersagen sind präziser als langfristige, und die berechneten Wahrscheinlichkeiten stimmen mit den tatsächlichen Krankheitsfällen in unabhängigen Datensätzen überein.

Die Gesundheitsbranche benötigt KI und Rechenpower. Symbolbild. Credits: Pixabay
Die Gesundheitsbranche benötigt KI und Rechenpower. Symbolbild. Credits: Pixabay

Obwohl das Modell derzeit nicht klinisch eingesetzt werden kann, bietet es wertvolle Einsichten für die Forschung. Es ermöglicht die Untersuchung von Krankheitsverläufen, die Analyse von Lebensstilfaktoren und die Simulation von Gesundheitsergebnissen. In Zukunft könnten solche Modelle Ärzten helfen, Hochrisikopatienten frühzeitig zu identifizieren und Gesundheitssysteme bei der Ressourcenplanung unterstützen, insbesondere angesichts der alternden Bevölkerung und steigender chronischer Erkrankungen.

Die Entwicklung erfolgte unter strengen ethischen Vorgaben mit anonymisierten Daten und sicherer Datenverarbeitung, um die Privatsphäre der Teilnehmer zu schützen. Finanziert wurde die Arbeit durch EMBL-Mitgliedstaaten, das DKFZ und die Novo Nordisk Foundation. Weitere Tests und regulatorische Rahmenbedingungen sind notwendig, bevor das Modell in der Praxis eingesetzt werden kann. Die Forscher sehen darin einen bedeutenden Schritt hin zu einer personalisierten und präventiven Gesundheitsversorgung.

Original Paper:

Learning the natural history of human disease with generative transformers | Nature


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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