Jüngeres Spenderalter verbessert Erfolgschancen bei Stammzelltransplantationen
Die Kompatibilität der Humanen Leukozyten-Antigene gilt als wichtigstes Kriterium bei der Auswahl von Spendern für allogene hämatopoetische Stammzelltransplantationen. Aktuelle Daten der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) unterstreichen den größeren Einfluss des biologischen Spenderalters auf den Erfolg als bisher angenommen. Auch die gemeinnützige Organisation DKMS unterstützt Betroffene mit Blutkrebs, fördert Forschung und wirbt für die Registrierung als Stammzellspender ab 17 Jahren.
Die Auswahl geeigneter Spender ist entscheidend für die langfristige Heilung nach einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation. Primär wird eine HLA-identische Geschwisterspende als erste Wahl betrachtet, da sie ein geringes Risiko für Non-Relapse-Mortality und Abstoßungsreaktionen wie akute Graft-versus-Host-Erkrankung birgt.
Durch verbesserte Matching-Strategien, Vorbehandlungen und Prophylaxeoptionen kommen auch nicht verwandte HLA-kompatible Spender oder solche mit geringen HLA-Unterschieden in Betracht. Ebenso sind haploidente Familienspenden möglich. Neben HLA-Merkmalen gewinnen andere Faktoren wie Alter, Geschlecht und Blutgruppe an Bedeutung. Frühere Analysen von über 10.000 Patienten zeigten, dass nur das Spenderalter signifikant mit dem Überleben korreliert, wobei das Zweijahresüberleben pro zehn Jahre höherem Alter um etwa drei Prozent sinkt.

Eine im Oktober 2025 in der Fachzeitschrift Leukemia veröffentlichte retrospektive Registerstudie bestätigt den starken Einfluss des Spenderalters. Patienten über 50 Jahren mit myeloiden Krebserkrankungen haben bessere Überlebenschancen bei Stammzellen von jungen, HLA-kompatiblen nicht verwandten Spendern als von älteren HLA-identischen Geschwistern. Die Studie umfasste 3460 Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, myelodysplastischem Syndrom, myeloproliferativer Neoplasie oder MDS/MPN, die eine erste Transplantation erhielten. Davon stammten 1235 Spenden von Geschwistern ab 50 Jahren und 2225 von nicht verwandten Spendern zwischen 18 und 35 Jahren.
Nach multivariabler Anpassung ergab sich in der Gruppe mit jungen nicht verwandten Spendern eine Risikoreduktion von 14 Prozent im ereignisfreien Überleben, 18 Prozent im Gesamtüberleben und 16 Prozent im Rückfallrisiko. Der Effekt war umso stärker, je größer der Altersunterschied zwischen Spendern war.
Zusätzlich spielten Geschlecht und Cytomegalievirus-Status eine Rolle. Eine vorteilhafte Konstellation liegt vor, wenn der CMV-Serostatus von Spender und Patient übereinstimmt und keine weibliche Spenderin an einen männlichen Patienten spendet. Bei vorteilhafter Konstellation war das ereignisfreie und Gesamtüberleben bei jungen nicht verwandten Spendern signifikant besser als bei älteren Geschwistern. Bei ungünstiger Konstellation glichen sich die Chancen an.
Die noch nicht publizierte HAMLET-Studie der DKMS verglich haploidente Familienspender mit nicht verwandten Spendern mit einem Mismatch. Es zeigte sich kein relevanter Unterschied zwischen beiden Gruppen. Die prospektive Studie an Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, myelodysplastischem Syndrom oder akuter lymphatischer Leukämie ohne identische Spender bestätigte den Alterseffekt: Jüngere Spender führten zu besseren Zweijahresüberlebensraten.
Trotz zahlreicher Studien reichen diese nicht aus, um die Praxisentscheidungen vollständig abzubilden. Im Klinikalltag dominieren Dringlichkeit und Verfügbarkeit, wodurch der Verwandtschaftsgrad oft priorisiert wird. Aktuelle Forschung zielt darauf ab, die Gründe für den Vorteil junger Spender zu klären, etwa Stammzell-Fitness oder Immunsystemübertragung. Junge Spender können Leben retten, weshalb die Registrierung empfohlen wird. Informationen zur Registrierung als Stammzellspender finden sich auf der Website der DKMS.
Referenzen:
1. Schetelig J, et al. Leukemia 2025; 39(10):2523–2532. doi: 10.1038/s41375-025-02724-1
2. Onkopedia Guideline „Spenderauswahl“, Stand Januar 2021, verfügbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/spenderauswahl/@@guideline/html/index.html
3. Salvatore D, et al. Haematologica 2018; 103(8):1317–1328. doi: 10.3324/haematol.2018.189258
4. Shaw BE, et al. Biol Blood Marrow Transplant 2018;24(5):1049–1056. doi: 10.1016/j.bbmt.2018.02.006
5. Stölzel F, et al., präsentiert auf dem DGHO 2025, Köln 24-27.Oktober, P492.
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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