Globale Harmonisierung von Referenzintervallen: Fortschritte in der Labormedizin

Auf der EuroMedLab-Konferenz 2025 in Brüssel diskutierten Experten der International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC) die Harmonisierung von Referenzintervallen (RI) und klinischen Entscheidungsgrenzen (CDL). Neue digitale und statistische Methoden sollen standardisierte, nachhaltige Werte ermöglichen, wie DGKL-Präsidiumsmitglied Thomas Streichert in der Fachpublikation „Referenzintervalle und klinische Entscheidungsgrenzen: Auf dem Weg zu globaler Harmonisierung“ (DOI: 10.47184/td.2025.03.04) in dem Fachblatt Trillium Diagnostik beschreibt. Internationale Projekte in Deutschland, Kanada und Australien zeigen Streichert zufolge, dass einheitliche Referenzgrenzen über Labore hinweg möglich sind, was die Labormedizin präziser und evidenzbasierter macht.
Referenzintervalle und Entscheidungsgrenzen seien essenziell, um Laborbefunde zu interpretieren. Unterschiedliche Grenzwerte zwischen Laboren, selbst bei gleichen Analysesystemen, erschwerten jedoch die Vergleichbarkeit, insbesondere in elektronischen Patientenakten. Indirekte Methoden nutzten routinemäßig erhobene Daten aus Laborinformationssystemen und statistische Modelle, um Referenzgrenzen auch aus gemischten Populationen zu schätzen. Vergleichsstudien bestätigen dem Papier zufolge die Zuverlässigkeit dieser Ansätze für zahlreiche Analyte.
In Deutschland hat das PEDREF-Netzwerk, unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), gemeinsame Referenzgrenzen für Universitätsklinika mit einheitlichen Analysesystemen entwickelt. Diese „Common Reference Limits“ sind auf pedref.org verfügbar. In Kanada hat die CALIPER-Arbeitsgruppe alters- und geschlechtsspezifische Referenzintervalle für über 200 Marker erstellt, ursprünglich durch direkte Studien mit über 15.000 Proben. Mit indirekten Verfahren wie dem refineR-Algorithmus wurden wiederum 2023 Referenzgrenzen für Analyte wie Albumin, Kalium oder Magnesium über verschiedene Analyseplattformen harmonisiert, wie in Clinical Chemistry veröffentlicht. Immunologische Verfahren zeigen laut Streichert jedoch noch Abweichungen, die weitere Forschung erfordern.

Dem Mediziner zufolge treibt Australien mit dem Projekt „Pathology Units and Terminology Standardisation“ (PUTS) seit 2011 die Harmonisierung voran, unterstützt durch die elektronische Gesundheitsakte. Die Australian Association of Clinical Biochemists habe Referenzintervalle für über 18 Analyte standardisiert, abrufbar unter rcpa.edu.au.
Das Konzept „nachhaltige Referenzintervalle“, vorgestellt auf der Konferenz, integriere methodische Details, demografische Faktoren und regionale Unterschiede. Eine einheitliche Terminologie fördere Vergleichbarkeit und mache Abweichungen transparent. Das Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) plane daher, indirekte Methoden in der neuen Richtlinie EP44 ED4PD:2024 anzuerkennen, um die Verifizierung von Referenzgrenzen zu vereinfachen. Entscheidungsgrenzen, basierend auf klinischen Studien, bleiben dem paper zufolge jedoch ein eigenständiges Feld, das interdisziplinäre Expertise erfordert.
Die Fortschritte markieren laut Streichert einen Wendepunkt für eine global harmonisierte Labormedizin, die Diagnostik und Patientenversorgung verbessert. Weitere Forschung sei jedoch nötig, um Herausforderungen bei komplexen Analyten zu lösen und weltweite Standards zu etablieren.
Original Paper:
Referenzintervalle und klinische Entscheidungsgrenzen: Auf dem Weg zu globaler Harmonisierung
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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