Gehirn verarbeitet Farben bei allen Menschen ähnlich

von | Sep. 9, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschende des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik und der Universität Tübingen haben in einer Studie nachgewiesen, dass die menschliche Gehirnaktivität beim Farbensehen vergleichbare Muster aufweist. Die Ergebnisse, veröffentlicht im Journal of Neuroscience, zeigen, dass der visuelle Kortex Farben in einer einheitlichen Weise verarbeitet, die auf evolutionären Mechanismen beruht.

Die Forschenden, geleitet von Michael Bannert und Andreas Bartels, nutzten funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), um die Gehirnaktivität von Versuchspersonen beim Betrachten verschiedener Farben zu analysieren. Dabei stellten sie fest, dass jede Farbe spezifische Aktivitätsmuster im visuellen Kortex erzeugt. Diese Muster ähneln sich bei allen Teilnehmenden deutlich, was auf eine universelle Verarbeitung von Farben im menschlichen Gehirn hinweist. Für jede Farbe existiert eine eigene räumliche Karte des Sehfelds, deren Grundstruktur bei allen Menschen gleich ist, auch wenn sie sich zwischen verschiedenen Hirnarealen leicht unterscheidet.

Die Studie verwendete ein computergestütztes Auswertungsverfahren, um anhand der fMRT-Daten präzise zu bestimmen, welche Farben und Helligkeiten die Testpersonen sahen. Zunächst kalibrierten die Wissenschaftler die Messdaten mit standardisierten Schwarz-Weiß-Mustern, um eine Vergleichsbasis zu schaffen. Anschließend untersuchten sie die Gehirnaktivität beim Betrachten von Farben. Die Muster einer ersten Versuchsgruppe ermöglichten es, bei einer zweiten Gruppe allein anhand der Gehirnaktivität zu erkennen, welche Farben betrachtet wurden. So konnten Farbe und Helligkeit direkt aus den Messdaten abgeleitet werden.

Für die Studie kam ein 3T-MRT zum Einsatz, wie er am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik verwendet wurde. | Quelle: Jörg Abendroth | Copyright: MPI für biologische Kybernetik
Für die Studie kam ein 3T-MRT zum Einsatz, wie er am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik verwendet wurde. | Quelle: Jörg Abendroth | Copyright: MPI für biologische Kybernetik

Die Ergebnisse zeigen, dass der visuelle Kortex ein geordnetes Abbild des Gesehenen erstellt. Licht, das auf die Netzhaut fällt, wird über die Sehnerven in höhere Verarbeitungsebenen des Gehirns übertragen, wo sogenannte Field Maps die räumliche Struktur des Sehfelds abbilden. Diese Karten koordinieren die Weiterverarbeitung mit anderen Hirnarealen und sorgen dafür, dass Farben und Helligkeiten je nach Position im Blickfeld unterschiedlich kodiert werden.

Die Forschenden schließen, dass die einheitlichen Verarbeitungsmuster evolutionär entstanden sind und über die Zeit erhalten blieben. Die Studie deutet zudem an, dass Farbverzerrungen, also Abweichungen in der Farbcodierung, bei allen Menschen ähnlich sind. Ob jedoch das subjektive Farberleben identisch ist, bleibt unklar, da dies mit den derzeitigen Methoden der Wahrnehmungsforschung nicht eindeutig geklärt werden kann.

Die Wissenschaftler planen, ihre Untersuchungen fortzusetzen, um weitere Erkenntnisse über die Zusammenarbeit der am Sehen beteiligten Hirnregionen zu gewinnen. Insbesondere wollen sie prüfen, ob die beobachteten Muster universell sind und wie die plastischen Interaktionen zwischen diesen Regionen mithilfe von fMRT weiter erforscht werden können.

Original Paper:

Large-scale color biases in the retinotopic functional architecture are region specific and shared across human brains | Journal of Neuroscience


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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