ETH-Forschende entwickeln ultraschallgesteuerte künstliche Muskeln aus Silikon

von | Okt. 31, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschende der ETH Zürich haben eine neue Art künstlicher Muskeln aus Silikon entwickelt, die mit eingeschlossenen Luftblasen versehen sind und sich durch Ultraschallimpulse gezielt verformen lassen. Die drahtlose Steuerung ermöglicht Anwendungen in Robotik und Medizin, wie einen weichen Greifarm, einen stachelrochenförmigen Roboter und medizinische Pflaster für die gezielte Abgabe von Wirkstoffen. Bisher handelt es sich um Laborversuche, die jedoch vielversprechende Perspektiven für zukünftige Einsätze eröffnen.

Die künstlichen Muskeln bestehen aus flexiblen Silikonmembranen, die mit Tausenden winziger Poren strukturiert sind. Jede Pore misst etwa 100 Mikrometer in Tiefe und Breite, vergleichbar mit der Dicke eines menschlichen Haars. Beim Eintauchen in Wasser bleiben Luftblasen in diesen Poren gefangen. Treffen Ultraschallwellen auf die Blasen, schwingen diese und erzeugen eine gerichtete Strömung, die die Membran bewegt. Durch Variation von Größe, Form und Anordnung der Blasen lassen sich Bewegungen von einfachen Krümmungen bis zu wellenförmigen Mustern erzeugen. Die Reaktion erfolgt innerhalb von Millisekunden und erfordert keine Kabel.

Ein Stachelrochen-Roboter aus künstlichen Muskeln mit Mikroblasen, der sich mittels Ultraschalls navigieren lässt und bspw. Medikamente an den richtigen Ort bringen kann. | Copyright: Shi Z et al. Nature 2025
Ein Stachelrochen-Roboter aus künstlichen Muskeln mit Mikroblasen, der sich mittels Ultraschalls navigieren lässt und bspw. Medikamente an den richtigen Ort bringen kann. | Copyright: Shi Z et al. Nature 2025

In Demonstrationen zeigten die Forscher die Vielseitigkeit der Technik. Ein miniaturisierter Greifarm konnte eine Zebrafisch-Larve im Wasser sanft umfassen und wieder freisetzen, ohne Schaden anzurichten. Ein weiteres Beispiel ist ein vier Zentimeter breiter Roboter in Form eines Stachelrochens, dessen Flossen aus den künstlichen Muskeln bestehen. Durch Ultraschall entsteht eine wellenförmige Bewegung, die den Roboter durch Wasser gleiten lässt. Langfristig könnte dieser Roboter im Magen-Darm-Trakt Medikamente gezielt freisetzen oder minimal-invasive Eingriffe unterstützen. Für den Transport lässt er sich aufrollen und in einer auflöslichen Kapsel schlucken.

Zusätzlich konstruierten die Forschenden ein kleines Rad aus Silikon mit unterschiedlich großen Blasen, das sich durch sequenzielle Ultraschallaktivierung antreiben lässt. In Tests mit einem Schweinedarm navigierte es durch enge, kurvige Passagen. Weitere Anwendungen umfassen weiche Pflaster, die sich an gekrümmte Oberflächen anpassen und Substanzen wie Farbstoffe in Gewebemodelle einbringen können, etwa zur Behandlung von Narben oder Tumoren.

Die Forscher betonen die Kombination aus Grundlagenforschung und praktischen Demonstrationen, die die Einsatzmöglichkeiten von Medikamentenabgabe über Fortbewegung im Körper bis zu Herzpflastern aufzeigen. Die Biokompatibilität, Flexibilität und drahtlose Kontrolle machen die Muskeln besonders geeignet für sensible Umgebungen. Obwohl die Entwicklungen derzeit auf Laborexperimente beschränkt sind, sehen die Wissenschaftler großes Potenzial für Fortschritte in Medizin und Technik durch akustisch gesteuerte Systeme.


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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