Entfernung von HDAC8 ermöglicht schnellere Regeneration von Nervenzellen

von | Feb. 24, 2025 | Forschung, Nicht kategorisiert

Das periphere Nervensystem kann sich nach einer Verletzung, zum Beispiel durch einen Schnitt oder eine Prellung des Gewebes, wieder relativ gut erholen. Für diese Regeneration sind hauptsächlich die Schwann-Zellen verantwortlich – wahre Verwandlungskünstler, die sich in kürzester Zeit aktiv in Reparaturzellen umwandeln können. Allerdings verläuft die Wiederherstellung der Nerven in manchen Fällen nur unzureichend. Ein Forschungsteam an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat nun einen Mechanismus entdeckt, der die Regeneration des peripheren Nervensystems abbremst. “Verantwortlich dafür ist ein Protein namens Histon-Deacetylase 8 oder kurz HDAC8”, erklärt Neurobiologin Prof. Dr. Claire Jacob von der JGU.

“Dieses Protein kommt in den Schwann-Zellen vor. Wenn wir es entfernen, verläuft die Regeneration schneller.” Interessant ist dabei, dass HDAC8 spezifisch in Schwann-Zellen produziert wird, die sensorische Nervenzellen umgeben, die Informationen über Empfindungen wie Berührung, Temperatur oder Schmerzen weiterleiten.

Grüne Schwann-Zellen myelinisieren rote sensorische Axone im Mikrofluidikkammermodell (Foto/©: Adrien Vaquié)
Grüne Schwann-Zellen myelinisieren rote sensorische Axone im Mikrofluidikkammermodell (Foto/©: Adrien Vaquié)

Schwann-Zellen werden nach Verletzung zum Reparaturtrupp der Nervenzelle

Das periphere Nervensystem verdankt seine Reparaturfähigkeit besonders der hohen Plastizität der Schwann-Zellen. Schwann-Zellen, auch als Schwannsche Zellen bezeichnet, isolieren die Axone von Nervenzellen durch die Ummantelung mit Myelin. Kommt es zu einer Verletzung, reagieren die Schwann-Zellen sofort und verwandeln sich in Reparaturzellen, die sogenannte Neurotrophine absondern. Dadurch können die Axone, also die Nervenzellfortsätze, nachwachsen und werden zu ihrem ursprünglichen Ziel geleitet. Ist das Ziel erreicht, ummanteln die Schwann-Zellen die regenerierten Axone erneut und ermöglichen so eine erfolgreiche funktionelle Erholung. Das klappt besonders gut bei jungen Menschen.

In manchen Fällen jedoch, wenn eine große Lücke zwischen den abgetrennten Axonen und ihrem angestrebten Ziel besteht oder auch bei älteren Menschen, kann eine neue Vernetzung der Nerven teilweise oder vollständig scheitern. “Daher ist es wichtig, dass wir die Mechanismen verstehen, die die Wandlungsfähigkeit der Schwann-Zellen und ihre Funktion beeinflussen”, erläutert Prof. Dr. Claire Jacob, Leiterin der Zellulären Neurobiologie an der JGU. Ihr Forschungsteam fand heraus, dass HDAC8 der Umwandlung von Schwann-Zellen in den Reparaturtyp entgegenwirkt. Diese Umwandlung wird zumindest teilweise bei Sauerstoffmangel, zu dem es bei einer Verletzung des peripheren Nervensystems automatisch kommt, in Gang gesetzt. “Wenn wir diesen Gegenspieler HDAC8 entfernen, wachsen die sensorischen Axone schneller nach und die Empfindungsfähigkeit wird schneller wiederhergestellt – der ganze Prozess wird viel effizienter”, so Jacob.

Rolle von HDAC8 in Schwann-Zellen war bisher unbekannt

Eine Überraschung für die Forschenden war, dass HDAC8 diesen Mechanismus spezifisch in jenen Schwann-Zellen reguliert, die sensorische Axone mit Myelin umhüllen und so das erneute Wachstum von sensorischen Axonen und die Erholung der sensorischen Funktion kontrollieren. “Das war uns bisher nicht bekannt: Die Schwann-Zellen verändern bei einer Verletzung des peripheren Nervensystems immer ihre Identität und wechseln in den Reparaturtyp. Aber es funktioniert in sensorischen Zellen anders als in motorischen Zellen.”

Jacob zufolge werfen die Ergebnisse viele konzeptionelle Fragen auf, die noch zu beantworten sind. Insbesondere die Frage, warum die Schwann-Zellen einen solchen Mechanismus haben. Eine mögliche Erklärung könnte in Zusammenhang mit dem Sauerstoffmangel nach einer Verletzung stehen. Sauerstoffmangel fördert in dem Fall die Bildung von neuen Blutgefäßen und HDAC8 könnte ein Regulator der Blutgefäßbildung sein. Außerdem soll an der Entwicklung eines Medikaments gearbeitet werden, das das Protein HDAC8 entfernt oder seine Funktion unterbindet.

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Redaktion: X-Press Journalistenbürö GbR

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