Drei Varianten des CRISPR-Cas9-Systems für gezieltere und wirksamere biomedizinische Anwendung optimiert

von | Okt. 23, 2025 | Forschung, Gesundheit

Ein MHH-Forschungsteam um Professor Dr. Tobias Cantz und Dr. Reto Eggenschwiler aus der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat einen Weg gefunden, drei Genscheren-Varianten zu schärfen und ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Damit wird die biotechnologische Werkzeugkiste um weitere funktionstüchtige Arbeitsgeräte ergänzt. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie sind kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Nucleic Acids Research“ veröffentlicht worden.

Das Forschungsteam um Dr. Reto Eggenschwiler hat die Wechselwirkung mit der DNA von drei dieser Cas9-Varianten im Detail untersucht und diese dann gezielt gentechnisch verändert. „Wir haben zunächst ein Cas9-Enzym namens iSpyMac verbessert, mit dessen Hilfe sich gezielt NAAN-PAMs ansteuern lassen“, sagt Dr. Eggenschwiler. „Das ist wichtig, weil ‚AA‘ das häufigste Dinukleotid, also die häufigste Basen-Doppelfolge im menschlichen Genom ist und somit viele neue Möglichkeiten zur Genveränderung eröffnet.“

Mehr Effizienz durch verbesserte Wechselwirkung

Weiteres Potenzial für neue Schnittstellen bietet zudem die Verbesserung der Enzyme Cas9-SpRY und Cas9-SpG. Cas9-SpRY ist ein sogenanntes PAM-loses Enzym, welches im Gegensatz zum Standard-Cas9 keine strenge PAM-Sequenz mehr braucht. Diese Weiterentwicklung ermöglicht es, DNA an beliebigen Stellen zu schneiden und zu verändern. Ähnliches gilt für Cas9-SpG. Diese Variante steuert das NGNN-PAM an, benötigt also nur ein einziges Guanin-Nukleotid als Erkennungsstelle auf der DNA. Mit beiden Varianten lassen sich Stellen im Genom ansteuern, an denen keine „traditionellen“ NGGN-PAMs zur Verfügung stehen, was die Flexibilität der CRISPR/Cas9-Technologie erheblich erweitert. „Mit Hilfe von KI-generierten 3D-Modellen und Hochleistungs-Computersimulationen konnten wir die entsprechenden wichtigen strukturellen Bereiche in den Cas9-Varianten identifizieren“, erklärt der Molekularbiologe. „Daraufhin haben wir die Enzyme dann gezielt so verändert, dass ihre Wechselwirkung mit der DNA an manchen Zielstellen bis um das Vierfache gesteigert werden konnte.“ Die so verbesserten Varianten erlauben nun wirksamere genetische Veränderungen über das gesamte Genom hinweg.

Haben drei Genscheren für die Forschung geschärft: Molekularbiologe Dr. Reto Eggenschwiler (links) und der wissenschaftliche Mitarbeiter Mika Opitz. | Copyright: Karin Kaiser/MHH.
Haben drei Genscheren für die Forschung geschärft: Molekularbiologe Dr. Reto Eggenschwiler (links) und der wissenschaftliche Mitarbeiter Mika Opitz. | Copyright: Karin Kaiser/MHH.

Ziel: vererbte Genmutation behandeln

Mit Hilfe dieser neuen Enzyme wollen die Forschenden nun eine vererbte Genmutation reparieren, die den sogenannten Alpha-1-Antitrypsinmangel verursacht. Bei dieser Erkrankung fehlt dem Körper ein Schutzeiweiß, wodurch Lunge und Leber geschädigt werden. „Wir wollen es schaffen, diese eine fehlerhafte Base gegen die korrekte Variante auszutauschen“, sagt Mika Opitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitautor der Studie. Gelingt dies, wäre das ein weiterer Schritt in Richtung einer dauerhaften Heilung der schweren Erkrankung, die im Endstadium eine Lungen- oder Lebertransplantation erforderlich macht.

Original Paper:

PAM-interacting domain turn-helix 51 motifs can improve Cas9–SpRY activity | Nucleic Acids Research | Oxford Academic


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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