Digitalisierung des Gesundheitswesens stagniert

von | Dez. 9, 2025 | Digitalisierung, Forschung, Gesundheit, Politik

Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens macht nur schleppend Fortschritte. Eine aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag von Pharma Deutschland zeigt, dass die Nutzerzahlen zentraler digitaler Anwendungen wie E-Rezept, elektronische Patientenakte (ePA) und Gesundheitsanwendungen auf Rezept (DiGAs) deutlich hinter ihrem Bekanntheitsgrad zurückbleiben. Die Ergebnisse verdeutlichen ungenutztes Potenzial und regionale sowie demografische Unterschiede in der Akzeptanz digitaler Gesundheitsleistungen.

Hintergrund: Digitalisierung als Schlüssel für die Gesundheitsversorgung

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens gilt als zentrale Säule, um die Versorgung effizienter, patientenorientierter und datengestützt zu gestalten. Mit der Einführung des E-Rezepts 2023, der verpflichtenden ePA-Nutzung durch Leistungserbringer seit Oktober 2025 und den seit 2021 verfügbaren DiGAs sollten digitale Lösungen längst im Alltag etabliert sein. Diese Anwendungen ermöglichen eine schnellere Kommunikation zwischen Ärzten, Apotheken und Patienten, verbesserte Dokumentation von Gesundheitsdaten und die Integration innovativer Gesundheits-Apps in die Versorgung. Zusätzlich bieten sie Potenzial für die Gesundheitsforschung, etwa durch versorgungsnahe Daten für Arzneimittelentwicklung und Pharmakovigilanz. Doch die Akzeptanz bleibt gering, was Fragen nach Implementierung, Nutzerfreundlichkeit und Kommunikation aufwirft.

Kenntnis DiGA (c) Pharma Deutschland
Kenntnis DiGA (c) Pharma Deutschland

Umfrageergebnisse: Bekanntheit übertrifft Nutzung

Die Anfang Dezember 2025 durchgeführte Umfrage zeigt, dass das E-Rezept mit 86,9 Prozent Bekanntheit die etablierteste Anwendung ist, jedoch nur von 59,3 Prozent der Befragten genutzt wird – ein marginaler Anstieg von 55,7 Prozent gegenüber Juni 2025. Die ePA, besonders bei Auszubildenden beliebt, hat ihre Nutzerquote von 12,1 Prozent im Juni auf 20,3 Prozent gesteigert, bleibt aber weit unter den Erwartungen. DiGAs sind nur 27,0 Prozent der Bevölkerung bekannt und werden von lediglich 5,4 Prozent genutzt. Diese Zahlen verdeutlichen eine „Bekanntheits-Nutzen-Lücke“, die die Digitalisierung bremst.

Demografische und regionale Unterschiede

Die Umfrage offenbart markante Unterschiede in der Nutzung. Die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen führt bei der E-Rezept-Nutzung, während die 18- bis 29-Jährigen mit fast 40 Prozentpunkten Rückstand hinterherhinken. Regional liegt Sachsen-Anhalt bei der E-Rezept-Nutzung vor Baden-Württemberg, was auf Unterschiede in der technischen Infrastruktur oder Informationskampagnen hinweist. Geschlechtsspezifisch nutzen Frauen das E-Rezept häufiger, während Männer bei der ePA dominieren. Haushalte mit Kindern zeigen eine fast doppelt so hohe Nutzung von DiGAs im Vergleich zu kinderlosen Haushalten, was auf einen höheren Bedarf an Gesundheits-Apps hindeuten könnte.

Herausforderungen und Perspektiven

Die geringe Nutzung digitaler Anwendungen könnte auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein: mangelnde Nutzerfreundlichkeit, Datenschutzbedenken, unzureichende Aufklärung oder technische Hürden, insbesondere in ländlichen Regionen. Die Umfrage zeigt, dass jüngere Generationen, die als technikaffin gelten, nicht automatisch Vorreiter sind, was auf Informationsdefizite oder geringes Vertrauen hindeutet. Regionale Unterschiede deuten auf eine uneinheitliche Implementierung hin, die durch gezielte Förderprogramme ausgeglichen werden könnte.

Um die Digitalisierung voranzutreiben, sind verstärkte Aufklärungskampagnen, vereinfachte Zugänge und Schulungen für Patienten und Leistungserbringer notwendig. Die Integration digitaler Anwendungen in den Alltag der Versicherten erfordert zudem eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Politik, Krankenkassen und Gesundheitsdienstleistern.

Mehr dazu:

DiGA-Verzeichnis

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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