Bahnbrechende Synthese: Lichtbetriebener Nano-Motor ermöglicht präzise “Molekülverschlingung”

von | Aug. 1, 2025 | Forschung, Gesundheit

Ein Forschungsteam der Humboldt-Universität zu Berlin unter der Leitung von Dr. Michael Kathan hat einen Durchbruch in der synthetischen Chemie erzielt: Mithilfe eines lichtbetriebenen Nano-Motors gelang es, zwei Molekülstränge gezielt zu einem Catenan zu verschlingen, einer Struktur aus zwei ineinander verhakte ringförmige Moleküle, die nicht chemisch verbunden sind. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Science, markieren einen Fortschritt in der mechanischen Kontrolle von Molekülen, die bisher nur in der makroskopischen Welt bekannt war.

Modell eines Catenans (von lateinisch „catena“ = Kette), eine chemische Struktur, bei der zwei ringförmige Moleküle wie Glieder einer Kette ineinander verschlungen sind – ohne über eine chemische Bindung miteinander verbunden zu sein. | Quelle: Tommy Wachsmuth, Kathan-Lab/HU
Modell eines Catenans (von lateinisch „catena“ = Kette), eine chemische Struktur, bei der zwei ringförmige Moleküle wie Glieder einer Kette ineinander verschlungen sind – ohne über eine chemische Bindung miteinander verbunden zu sein. | Quelle: Tommy Wachsmuth, Kathan-Lab/HU

Die Herausforderung, Moleküle gezielt zu formen, liegt in ihrer Winzigkeit und ständigen Bewegung, die eine präzise Handhabung erschwert. Bisherige Methoden der synthetischen Chemie nutzten molekulare Schablonen, sogenannte Template, um Strukturen vorzugeben, die jedoch nur mit spezifischen Molekülen funktionierten. Der neue Ansatz verzichtet auf solche Schablonen. Der Nano-Motor, angetrieben durch Licht, erzeugt eine kontrollierte, gerichtete Rotation, die Molekülstränge mechanisch umeinander wickelt. Diese Windungen werden anschließend chemisch fixiert, wodurch komplexe, dreidimensionale Strukturen entstehen. Die Methode ist vielseitig einsetzbar und erlaubt die Verarbeitung unterschiedlichster Moleküle, unabhängig von deren natürlicher Selbstorganisation.

„Was wir entwickelt haben, ist im Grunde eine Mini-Maschine, die durch Licht angetrieben wird und sich in eine Richtung dreht“, sagt Michael Kathan. „Diese kontrollierte Bewegung nutzen wir, um zwei Molekülstränge mechanisch umeinander zu wickeln und miteinander zu verbinden – ganz unabhängig davon, ob sie das von selbst tun würden oder nicht. Unser Motor bringt nun erstmals eine Art von mechanischer Kontrolle in die Welt der Moleküle, die wir bislang nur aus der makroskopischen Welt kannten.“

Die Entwicklung eröffnet neue Möglichkeiten für die Materialwissenschaft. Die synthetisierten Catenane dienen als Bausteine für mechanisch verschränkte Strukturen wie molekulare Ketten oder Netzwerke. Solche Materialien könnten aufgrund ihrer Flexibilität und Widerstandsfähigkeit innovative Eigenschaften besitzen. Der Ansatz liefert ein generalisierbares Konzept für die chemische Synthese und legt den Grundstein für die Entwicklung neuartiger Materialien mit maßgeschneiderten mechanischen Eigenschaften.

Original Paper:

A molecular machine directs the synthesis of a catenane | Science


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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