AOK fordert Reform der Patientenrechte nach tausenden neuen Behandlungsfehler-Verdachtsfällen

Die AOK-Gemeinschaft hat vor dem Welttag der Patientensicherheit auf die weiterhin hohe Zahl von Verdachtsfällen bei Behandlungs- und Pflegefehlern hingewiesen und umfassende gesetzliche Reformen verlangt. Nach Angaben der elf AOKs wurden 2024 insgesamt 16.660 neue Fälle gemeldet. In knapp 29 Prozent der abschließend geprüften Vorgänge bestätigten Gutachten des Medizinischen Dienstes einen Fehler oder einen Schaden durch ein Medizinprodukt. Damit bewegte sich die Quote nahezu auf dem Niveau des Vorjahres.
Die meisten Verdachtsmeldungen stammten aus der Orthopädie und Unfallchirurgie, gefolgt von allgemeinen chirurgischen Fachbereichen, Gynäkologie und Geburtshilfe, innerer Medizin sowie Zahnmedizin. Von den insgesamt gemeldeten Fällen wurden 5.335 vertieft untersucht. In über einem Viertel der begutachteten Fälle ergab sich dabei der Nachweis eines Fehlers.

Die AOK fordert daher in einem neuen Positionspapier eine Stärkung der Patientenrechte. Zentraler Punkt ist eine Erleichterung der Beweislast: Anstelle eines vollständigen Kausalnachweises soll künftig eine überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent genügen. Zudem verlangt die Krankenkasse einen rechtlich ungehinderten Zugang zu Behandlungsunterlagen, einschließlich der elektronischen Metadaten, die Einblicke in Zugriffs- und Änderungshistorien geben. Auch die Überführung eines EuGH-Urteils zur kostenfreien Erstkopie von Patientenakten in nationales Recht zählt zu den Forderungen.
Besonderen Verbesserungsbedarf sieht die AOK beim Nachweis von Schäden, die durch Arzneimittel verursacht werden. Nach Einschätzung der Kasse ist es Betroffenen nahezu unmöglich, Ansprüche rechtswirksam geltend zu machen. Hier sei eine gesetzliche Anpassung überfällig, um die Rechte der Patienten im Schadensfall durchzusetzen.
Ein weiterer Reformbedarf ergibt sich nach Ansicht der Krankenkasse beim Eigentumsrecht an explantierten Medizinprodukten wie Prothesen. Diese müssten mindestens drei Jahre aufbewahrt werden, um als Beweismittel in Prozessen dienen zu können. Zudem sollten Informationen über verwendete Produkte verpflichtend in Abrechnungsdaten dokumentiert werden, um Missstände schneller aufzuklären
Die AOK spricht sich in ihren Vorschlägen auch für eine aktive Unterrichtung der Betroffenen über aufgetretene Fehler und Schäden aus. Auf diese Weise solle die Transparenz erhöht und die Umsetzung von Pflichten aus europäischen Vorgaben gewährleistet werden.
Neben der Unterstützung von Versicherten bei rechtlichen Schritten wirkt die AOK auch im Regressverfahren gegen Leistungserbringer. 2024 belief sich das durchgesetzte Volumen an Schadenersatzforderungen auf knapp 50 Millionen Euro. Diese Mittel flossen in die Versichertengemeinschaft zurück und lagen damit auf dem Niveau des Vorjahres.
Die Krankenkasse verweist darauf, dass sie seit 25 Jahren ein eigenes Behandlungsfehler-Management betreibt. Aus diesen Erfahrungen speisten sich die aktuellen Forderungen, die aus Sicht der AOK dringenden Handlungsbedarf aufzeigen.
Positionspapier zum Download (PDF)
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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