Antibiotika-Resistenz ist uralt, ökologisch bedingt und wird durch menschliche Aktivitäten verstärkt

von | Dez. 19, 2025 | Gesundheit

Antibiotika-Resistenzgene gelten oft als modernes Problem, verursacht durch übermäßigen Einsatz in Medizin und Landwirtschaft. Eine umfassende Übersichtsarbeit von Forschern der Hohai University in China zeigt jedoch, dass diese Resistenz ein uraltes Merkmal mikrobiellen Lebens ist, das durch Millionen Jahre Evolution geformt wurde und heute stark von menschlichen Einflüssen abhängt. Die Studie, veröffentlicht in Biocontaminant, betrachtet das Phänomen aus einer One-Health-Perspektive, die die Verbindungen zwischen Umwelt, Tier- und Menschengesundheit betont. Resistenzgene entstanden danach nicht primär als Abwehr gegen Antibiotika, sondern als Nebenfunktion normaler bakterieller Gene, die in natürlichen Ökosystemen harmlos bleiben, aber durch anthropogene Störungen zu einer globalen Bedrohung werden.

Die evolutionären Ursprünge der Resistenzgene reichen dem Paper zufolge weit zurück. Sie wurden in extremen, von Menschen unberührten Umgebungen wie der Marianengraben, alaskischen Böden oder 30.000 Jahre altem Permafrost nachgewiesen. Viele Gene stammen von Vorläufern, die essentielle physiologische Rollen erfüllen, etwa beim Transport von Substraten oder der Ausstoßung toxischer Substanzen. Sogenannte Effluxpumpen, die ursprünglich Abfallprodukte oder pflanzliche Toxine entfernen, können unter Selektionsdruck Antibiotika abwehren. Mobile genetische Elemente wie Plasmide fördern zudem die Verbreitung durch horizontalen Gentransfer und ermöglichen Anpassungen, etwa durch Rekombination von β-Laktamase-Genen. Die Vererbung erfolgt vertikal entlang phylogenetischer Linien, wobei die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften die Resistenzvielfalt bestimmt – Actinobacteria-dominierte Böden weisen Macrolid-Resistenzen auf, Proteobacteria-reiche β-Laktam-Resistenzen.

Evolutionäre Ursprünge, ökologische Triebkräfte und ökologische Auswirkungen der Verbreitung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzgenen: eine „One Health“-Perspektive

Kredit
Yi Xu, Jiaying Wang, Tinghong Fu, Shihong Yang, Guoxiang You und Jun Hou
Evolutionäre Ursprünge, ökologische Triebkräfte und ökologische Auswirkungen der Verbreitung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzgenen: eine „One Health“-Perspektive

Credits:
Yi Xu, Jiaying Wang, Tinghong Fu, Shihong Yang, Guoxiang You und Jun Hou

Ökologische Treiber halten Resistenzgene in ungestörten Systemen in Schach. Genomische Inkompatibilitäten, wie Unterschiede im GC-Gehalt oder Codon-Nutzung, wirken als natürliche Barriere und verhindern den Transfer zwischen unähnlichen Bakterien. In Böden oder Gewässern bleibt die Verbreitung begrenzt, da hohe Diversität und geringer Selektionsdruck den horizontalen Transfer einschränken. Menschliche Aktivitäten durchbrechen diese Barrieren jedoch. Landwirtschaft, Abwasserentsorgung, Urbanisierung und globaler Handel erhöhen die Konnektivität zwischen vormals isolierten Habitaten. Antibiotika in Medizin und Tierhaltung erzeugen starken Druck, während Düngung mit Tierkot, Wiederverwendung von Abwasser und Verschmutzung Bakterien aus Umwelt, Tieren und Menschen zusammenführen. Kläranlagen dienen als Hotspots, wo hohe Bakteriendichten und Restantibiotika Genaustausch fördern. Landwirtschaftliche Böden, die mit Kot gedüngt werden, bilden Brücken, über die Resistenzgene von Tieren zu Umweltbakterien und schließlich zu Menschen gelangen, etwa über Nahrung, Wasser oder direkten Kontakt.

Die Autoren plädieren für ökosystemzentrierte Strategien. In der Landwirtschaft sollten nicht-therapeutische Antibiotika reduziert, präzise Dosierungen eingeführt und Alternativen wie Probiotika oder pflanzliche Mittel genutzt werden. Kläranlagen erfordern Technologien wie UV-Behandlung, Ozonierung und Hochtemperatur-Kompostierung, um Resistenz um Größenordnungen zu senken.

Original Paper:

Evolutionary origins, ecological drivers, and environmental implications of antibiotic resistance genes proliferation and dissemination a ‘One Health’ perspective


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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