Analyse: Nationales Digital Health Symposium forderte schnellere Integration von Innovationen

von | Dez. 3, 2025 | Digitalisierung, Gesundheit, Politik

Auf dem 7. Nationalen Digital Health Symposium in Berlin haben Experten aus Politik, Wissenschaft und Industrie ein klares Signal gesetzt: Trotz wachsender Ausgaben im Gesundheitswesen stagniert die Innovationskraft in Deutschland. Neue Technologien und Datenlösungen müssen demnach zügiger in die tägliche Versorgung überführt werden, um ein lernendes System zu schaffen, das auf evidenzbasierten Erkenntnissen aufbaut. Die Veranstaltung am 2. Dezember 2025 betonte die Rolle digitaler Tools wie der elektronischen Patientenakte (ePA), des Forschungsdatenzentrums Gesundheit (FDZ) und des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS), ergänzt durch Diskussionen zu Künstlicher Intelligenz (KI) und Datenschutzfragen.

Hintergrund: Die digitale Transformation bietet enorme Chancen, eine effiziente und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung langfristig zu sichern. Ein lernendes Gesundheitswesen, das Daten aus der Praxis nutzt, um Forschung voranzutreiben, und umgekehrt evidenzbasierte Erkenntnisse in die Behandlung einfließen lässt, steht im Zentrum der Debatte. In den vergangenen Jahren hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mehrere Initiativen gestartet, die als Meilensteine gelten. Dazu gehören die ePA, die sektorenübergreifende Datennutzung ermöglicht, und das FDZ, das Abrechnungsdaten der gesetzlich Versicherten standardisiert und datenschutzkonform bereitstellt.

Symbolbild. Credits: Pixabay
Symbolbild. Credits: Pixabay

Die ePA wird als zentraler Baustein für ein modernes Gesundheitssystem gesehen. Sie dient als Drehscheibe für eine datenbasierte, patientenzentrierte Versorgung, insbesondere bei komplexen Erkrankungen. Aktuelle Optimierungen umfassen ein erweitertes Medikationsmanagement, intelligente Suchfunktionen für Befunde, die Integration von Labordaten und die Anbindung an das FDZ. Trotz Fortschritten gibt es Verbesserungspotenzial, etwa bei der Akzeptanz unter Ärzten. Es gilt, die Vorteile der ePA stärker zu vermitteln, um sie flächendeckend zu etablieren.

Das FDZ am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das im Herbst 2025 eröffnet wurde, markiert einen weiteren Fortschritt. Es stellt Daten in einer sicheren Umgebung zur Verfügung, die für Forschung und Qualitätsverbesserung genutzt werden können. Solche Infrastrukturen sind entscheidend, um Innovation und Patientensicherheit zu verbinden. Medizinische Register spielen hier eine Schlüsselrolle bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, einschließlich der Validierung von KI-Anwendungen. Es wird empfohlen, Registerstudien stärker in Bewertungsverfahren einzubeziehen, um evidenzbasierte Entscheidungen zu fördern.

KI gilt als Motor für Innovationen im Gesundheitswesen. Durch Automatisierung routinemäßiger Aufgaben, smarte Dokumentationshilfen und kontextbasierte Suche können klinische Prozesse beschleunigt werden, vorausgesetzt, die Systeme sind interoperabel. Herausforderungen liegen in mangelnden annotierten Daten und skalierbaren Rechenressourcen. Der EHDS könnte hier Abhilfe schaffen, indem er gemeinsame Regeln für Primär- und Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten etabliert, Zugänge vereinheitlicht und grenzüberschreitende Forschung erleichtert. Deutschland ist gut positioniert, doch der technische und regulatorische Zusammenschluss sektoraler Daten bleibt eine große Aufgabe. Die Weiterentwicklung von Gesetzen wie dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Medizinregistergesetz wird entscheidend sein.

Der Transfer von Forschungsergebnissen in wirtschaftlich tragfähige Anwendungen muss beschleunigt werden. Exzellente Forschung endet zu oft nicht in besseren Produkten oder Prozessen. Ein gemeinsames Innovationspapier von TMF, vfa und BVMed fordert einen schnelleren Wissenstransfer, um den Standort Deutschland zu stärken. Dies umfasst Maßnahmen zur Förderung von Startups, regulatorische Erleichterungen und enge Kooperationen zwischen Industrie und Forschung.

Im Kontext ethischer und praktischer Herausforderungen generativer KI im Gesundheitswesen, wie in einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit dargelegt, werden Verantwortungsfragen zentral. Generative KI transformiert die Versorgung, birgt jedoch Risiken wie Bias, Haftung, Transparenzmangel und Datenschutz. Eine systematische Analyse von 54 Studien zeigt, dass KI in Ausbildung, Forschung und Praxis integriert wird, doch fragmentierte Lösungen und Umsetzungsbarrieren behindern den Fortschritt. Technische Ansätze wie erklärbare KI, prozedurale Stakeholder-Aufsicht und regulatorische Strategien sind notwendig, um Vertrauen aufzubauen. Globale Harmonisierung und Ausbildung sind entscheidend, um ethische Standards zu wahren.

Ein weiteres Beispiel für Datenschutzbedenken ist die Schätzung von Geschlecht und Alter aus radar-basierten Herzsignalen. Eine Studie zeigt, dass solche Signale mit 78 Prozent Genauigkeit das Geschlecht und mit 73 Prozent das Alter (in Gruppen) vorhersagen können, was Privacy-Risiken birgt. Durch Data Augmentation mit generativen Netzwerken verbessert sich die Leistung, doch die implizite Kodierung sensibler Daten in physiologischen Signalen könnte biometrische Systeme angreifbar machen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit robuster Schutzmaßnahmen in digitalen Gesundheitstechnologien.

Das Symposium unterstreicht, dass Deutschland trotz steigender Ausgaben – der Gesundheitsetat wächst jährlich – in der Innovationsumsetzung hinterherhinkt. Nur durch schnellere Transferprozesse können Potenziale wie KI und Datenräume genutzt werden. Die ePA und FDZ bieten hierfür die Basis, doch Akzeptanz und Interoperabilität müssen gesteigert werden. Der EHDS verspricht europaweite Synergien, erfordert aber nationale Umsetzung.

Insgesamt forderte das Symposium ein ganzheitliches Vorgehen: Politik muss den Experten zufolge Rahmenbedingungen schaffen, Forschung und Industrie kooperieren, und Patientenperspektiven einbeziehen. Nur so könne ein lernendes System entstehen, das Kosten senkt und Qualität steigert. Die Einigkeit der Teilnehmer signalisierte Bereitschaft zum Wandel – nun gilt es, Worte in Taten umzusetzen.


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.

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