Erstes Knorpeltransplantat aus Würzburg auf dem Weg zur Implantation
Am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) wurde im Rahmen der europäischen ENCANTO-Studie erstmals ein Knorpeltransplantat aus der Nase eines Patienten für die Behandlung von Kniegelenk-Arthrose hergestellt. Das Transplantat, das innerhalb von 24 Stunden in einer von elf teilnehmenden Kliniken in Europa implantiert wird, markiert einen Meilenstein in der regenerativen Medizin. Ziel der Studie ist es, Schmerzen bei patellafemoraler Arthrose zu lindern, die Gelenkbeweglichkeit zu verbessern und gelenkerhaltende Therapien zu etablieren, um Gelenkprothesen zu vermeiden.
Die ENCANTO-Studie, die für „Engineered Cartilage from Nose for the Treatment of Osteoarthritis“ steht, umfasst die Rekrutierung von 150 Patienten an verschiedenen europäischen Zentren. In Würzburg wird das Transplantat in der GMP-Herstellungseinrichtung unter der Leitung von Prof. Matthias Eyrich produziert. Knorpelzellen aus der Nasenscheidewand der Patienten werden entnommen, im Labor vermehrt und auf einer Kollagenmatrix zu neuem Knorpelgewebe (N-TEC) gezüchtet. Dieser Prozess dauert etwa vier Wochen und erfolgt unter strengen Qualitätsvorgaben der „Guten Herstellungspraxis“ (GMP).

Die Qualitätskontrolle des Transplantats, das den Namen „Paula“ trägt, erfolgte in mehreren Schritten. Zunächst wurde die Sterilität durch mikrobiologisches Monitoring am Institut für Hygiene und Mikrobiologie bestätigt. Anschließend begutachtete eine Pathologin am Institut für Pathologie die Viabilität der Zellen, die als lebendig und funktionsfähig eingestuft wurden. Am Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde wurde die Gewebearchitektur sowie die Zellmorphologie analysiert. Ein spezieller Färbeprozess zeigte eine hohe Konzentration an Proteoglykanen, die für die Elastizität und Stabilität des Knorpels entscheidend sind. Der hohe Modified Bern Score bestätigte schließlich die Eignung des Transplantats für die Implantation.
Die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Abteilungen des UKW, darunter Pathologie, Hygiene und das GMP-Stammzelltransplantationszentrum, war entscheidend für den Erfolg. Die Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. Oliver Pullig, die mit einem Team aus Basel kooperiert, betonte die Bedeutung der lokalen und internationalen Vernetzung. Das Transplantat ist ein Produkt „made in Würzburg“ und unterstreicht die Innovationskraft des Klinikums.
Der Patient, dessen Identität anonym bleibt, weiß nicht, ob er das Knorpeltransplantat oder eine Kontrollmatrix ohne Knorpelzellen erhält, da die Studie verblindet durchgeführt wird. Mit der Freigabe des Transplantats beginnt nun der Transport zur Klinik, wo die Implantation erfolgt. Die ENCANTO-Studie könnte langfristig neue Standards in der Behandlung von Arthrose setzen und Patienten eine Alternative zu invasiven Prothesen bieten.
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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