Stoffwechsel des Gehirns prägt Denken und kognitive Grenzen

von | Nov. 25, 2025 | Forschung, Gesundheit

Eine neue Untersuchung unter der Leitung von Dr. Philipp Haueis, Wissenschaftsphilosoph an der Universität Bielefeld, und seinem Co-Autor David J. Colaço von der Ludwig-Maximilians-Universität München beleuchtet, wie der Stoffwechsel des Gehirns die kognitiven Fähigkeiten wie Gedächtnis, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit beeinflusst. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Behavioral and Brain Sciences“ veröffentlicht und werfen ein neues Licht auf die biologischen Grundlagen des Denkens.

Das menschliche Gehirn, das nur etwa zwei Prozent der Körpermasse ausmacht, verbraucht rund 20 Prozent der gesamten Körperenergie, wobei es dennoch effizienter arbeitet als moderne Computer. Viele bisherige Modelle zur Erklärung mentaler Prozesse berücksichtigen diese energetischen Einschränkungen jedoch kaum. Die Studie zeigt, dass der Stoffwechsel eine doppelte Rolle spielt: Er hilft, die Plausibilität bestehender kognitiver Modelle zu prüfen – Modelle, die mehr Energie erfordern, als das Gehirn liefern kann, gelten als unrealistisch. Zudem bietet er Ansätze für neue Modelle, die beispielsweise aufzeigen, wie neuronale Netzwerke Energie nutzen, um effizient zu lernen, und welche Zusammenhänge zwischen Gehirnstruktur und Informationsverarbeitung bestehen.

Symbolbild. Credits: Pixabay
Symbolbild. Credits: Pixabay

Die Forschung wurde am Institut für Wissenschaftsforschung (ISoS) der Universität Bielefeld durchgeführt, das im Mai 2025 den Status einer zentralen akademischen Einheit erhielt. Das ISoS verbindet interdisziplinäre Ansätze aus Wissenschaft, Medizin und Technologie und analysiert die Einbettung wissenschaftlicher Praktiken in gesellschaftliche Kontexte. Die Studie nutzt das „Open Peer Commentary“-Format der Zeitschrift, um eine breite Diskussion über die Ergebnisse anzuregen, die weit über Fachkreise hinausreicht.

Die Autoren betonen, dass das Verständnis der energieabhängigen Natur des Denkens neue Perspektiven auf geistige Anstrengung, Informationsverarbeitung und den Vergleich zwischen biologischer und künstlicher Intelligenz bietet. Dies könnte nicht nur die Grundlagenforschung bereichern, sondern auch gesellschaftliche Debatten über KI und Energieeffizienz beflügeln, etwa indem es verdeutlicht, warum Aufmerksamkeit begrenzt ist und maschinelles Lernen andere Wege geht als das menschliche Gehirn.

Original Paper:

Metabolic considerations for cognitive modeling | Behavioral and Brain Sciences | Cambridge Core


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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