NACHGEFRAGT: „Wir bekommen hervorragendes Feedback zu unseren Absolventen“

von | Nov. 21, 2025 | Forschung, Gesundheit, Politik

Die staatliche Hochschule Albstadt-Sigmaringen bietet mit großem Erfolg das verkürzte Studium für MTLA/MTL an. Während weite Teile der Politik über innovative und unbürokratische Lösungen für die Zukunft Deutschlands nachdenken, hat die Bildungseinrichtung aus Baden-Württemberg Fakten geschaffen – und setzt auf das Modell des asynchronen Studiums. MedLabPortal sprach darüber exklusiv mit Thole Züchner, Professor für Bioanalytik und Laborautomation an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Dort leitet er den Studiengang Bioanalytik. Der promovierte Biochemiker hat im Bereich Bioanalytik habilitiert und verfügt über langjährige Berufserfahrung in leitenden Positionen der Forschung und Pharmaindustrie.

MedLabPortal: Herr Prof. Züchner, wie viele Absolventen haben Sie im verkürzten Studienfach Bioanalytik bislang gehabt?

Züchner: Wir bieten das verkürzte Studium für MTLA/MTL seit vier Jahren an. Die Semestergröße bei uns bewegt sich so bei ca. 30 bis 40 Studierenden pro Jahr, das sind also kleine Semester mit einer sehr familiären Atmosphäre. Pro Jahr haben wir bisher zwischen drei und sechs MTLA/MTL-Absolventen.

MedLabPortal: Das ist gewissermaßen ein Novum, weil sich für MTLA-Fachkräfte die Studienzeit um mehr als 45 ECTS reduziert. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern erklären, wie viel Zeit das bedeutet?

Züchner: Gerne, es handelt sich zum einen um diese 45 ECTS, was 1,5 Semestern entspricht. Hinzu kommt aber auch noch die Anrechnung des Praxissemesters, also noch eines ganzen weiteren Semesters. Das Studium verkürzt sich somit um 2,5 Semester. Wir haben schon ein paar MTLAs gehabt, die damit in vier Semestern, also zwei Jahren zum Bachelor gekommen sind, manche absolvieren das Studium in fünf Semestern.

MedLabPortal: Und was hat es mit dem asynchronen Studium, das Sie anbieten, auf sich?

Züchner: Das asynchrone Studium bedeutet, dass man räumlich und zeitlich unabhängig studieren kann. Das bedeutet also, dass unsere Studierenden für die Vorlesung nicht zwangsläufig vor Ort sein müssen, sondern sich die Vorlesung auch am Abend oder am Wochenende selbständig nacharbeiten können. Viele Kollegen, wie auch ich, bieten dazu aufgezeichnete Videovorlesungen an, manche ausführliche Skripte, andere wiederum kommentierte Foren usw. Der Gedanke ist immer derselbe: Wenn es mal aus Krankheitsgründen oder anderen Gründen nicht klappt mit dem Vorlesungsbesuch, geht es eben auch online. Praktika finden natürlich in Präsenz statt und man sollte es mit dem Online-Studium meiner Meinung nach auch nicht übertreiben. Wir alle kennen das aus Corona-Zeiten, da leidet einfach die Motivation.

Thole Züchner ist Professor für Bioanalytik und Laborautomation an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen
Thole Züchner ist Professor für Bioanalytik und Laborautomation an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Foto: Privat

MedLabPortal: Das Modell erscheint uns interessant, weil über diesen Weg auch Menschen ohne Abitur zum staatlich anerkannten Studienabschluss gelangen, sofern sie zuvor die MTLA-Ausbildung erfolgreich absolviert haben. Warum bleibt angesichts dieser Chance die Zahl der Studienplätze in Sigmaringen überschaubar?

Züchner: Weil genau das auch eine unserer Stärken ist: Wir möchten weiterhin garantieren, dass wir das tolle Betreuungsverhältnis mit einem sehr hohen Praxisanteil halten können. Über 40 Prozent des Studiums sind bei uns praktische Inhalte – sprich im Labor angesiedelt. Das braucht enorme Kapazitäten, aber der Erfolg gibt uns, mal ganz unbescheiden gesagt, recht: in 2025 wurden wir von unseren Studierenden im Portal StudyCheck unter 588 Hochschulen zu Deutschlands beliebtester Hochschule gewählt. In Deutschlands wichtigstem Hochschulranking, dem CHE-Ranking, haben wir mit dem Studiengang Bioanalytik in den letzten beiden Bewertungsrunden 2022 und 2025 jeweils den Spitzenplatz belegt. Der Studiengang ist ausgelastet, von globalen Pharmaunternehmen und anderen namhaften Unternehmen bekommen wir hervorragendes Feedback zu unseren Absolventen – warum also sollten wir dieses Modell aufs Spiel setzen und davon abweichen?

MedLabPortal: Mit einem Bioanalytik-Studium kommt man finanziell in Bereiche, von denen MTLA-Auszubildende nur träumen können. Befürchten Sie nicht, dass sich das herumspricht? Dann würden womöglich alle MTLAs zu Ihnen strömen….

Züchner: Da möchte ich ein bisschen relativieren. Als MTLA sieht der Arbeitsmarkt ja gerade sehr gut aus. Der finanzielle Gewinn zum reinen Bachelor ist unmittelbar nach dem Berufseinstieg gar nicht so groß. Mit dem dann möglichen Master nach nochmals 1,5 Jahren sieht das schon wieder anders aus. Es ist aber interessanterweise so, dass die meisten MTLAs erstmal zu uns kommen, weil man sich mit dem Bioanalytik-Bachelor viel breiter für den Arbeitsmarkt aufstellt. Damit sind dann Bereiche wie die Pharmaindustrie zugänglich, die Umwelt- und Lebensmittelanalytik, die forensische Analytik, viele interessieren sich auch für den Bereich Forschung. Viele nennen auch die Motivation mehr wissenschaftlich verstehen zu wollen. Und generell hat man einfach mehr Entwicklungsmöglichkeiten und später auch größere Verantwortung, wenn man dann möchte. Damit einher geht dann später sicher auch ein deutlich höheres Gehalt.

MedLabPortal: Unsere letzte Frage: Welche Beratungshilfen bieten Sie Interessierten an?

Züchner: Zum einen bieten wir zwei Mal im Jahr einen Infotag an, die Termine dazu veröffentlichen wir auf unserer Homepage. Man kann uns aber auch zu einer anderen Gelegenheit einen Besuch abstatten oder online einen Termin vereinbaren: https://www.hs-albsig.de/hochschule/fakultaeten/life-sciences/angebote-fuer-studieninteressierte. Ansonsten gibt es mehr Infos und meine E-Mail-Adresse auch auf https://www.hs-albsig.de/studienangebot/bachelorstudiengaenge/bioanalytik .

MedLabPortal: Vielen Dank für Ihre Zeit.

Züchner: Sehr gerne.

Die Fragen stellte Vlad Georgescu


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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