Zell-Atlas des menschlichen Embryonalgehirns ebnet Weg für Parkinson-Therapien

von | Nov. 5, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschende der Duke-NUS Medical School haben den bisher detailliertesten Single-Cell-Atlas des sich entwickelnden menschlichen Gehirns erstellt. Die Karte umfasst fast 680.000 Zellen aus fetalem Gewebe, identifiziert sämtliche Zelltypen, ihre genetischen Profile und Interaktionen – und setzt neue Standards für die Laborkultivierung von Nervenzellen. Besonders im Fokus: dopaminerge Neuronen des Mittelhirns, deren Verlust Parkinson auslöst. Die Ergebnisse, die kürzlich in Science Advances erschienen (DOI: 10.1126/sciadv.adu7944), liefern eine Referenz, um Zelltherapien präziser zu entwickeln und unerwünschte Beizellen auszuschließen.

Parkinson ist in Singapur die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung; etwa drei von 1.000 Menschen über 50 sind betroffen. Die Krankheit zerstört dopaminproduzierende Neuronen im Mittelhirn, was zu Zittern, Steifheit und Bewegungsverlust führt. „Zelltransplantation könnte Symptome lindern – wenn die implantierten Neuronen dem menschlichen Original exakt entsprechen“, erklärt Dr. Hilary Toh, MD-PhD-Kandidatin im Neuroscience & Behavioural Disorders-Programm von Duke-NUS und Erstautorin der Studie.

Neuronen. Symbolbild. Credits: Pixabay
Neuronen. Symbolbild. Credits: Pixabay

BrainSTEM: Zweistufige Kartierung in Hochauflösung

Das Team entwickelte das Framework BrainSTEM (Brain Single-cell Two tiEr Mapping). In der ersten Stufe analysierten sie mit Partnern – darunter die University of Sydney – fast 680.000 Zellen aus dem gesamten fetalen Gehirn. Die zweite, hochauflösende Ebene zoomt ins Mittelhirn und markiert dopaminerge Neuronen mit höchster Präzision. „Diese Referenzkarte erlaubt es Labors weltweit, ihre Kulturen gegen das echte menschliche Gehirn zu benchmarken“, sagt Toh.

Die Analyse zeigte: Viele gängige Protokolle zur Züchtung von Mittelhirn-Neuronen erzeugen auch Zellen aus anderen Hirnregionen – sogenannte Off-Target-Populationen. BrainSTEM erkennt selbst subtile Verunreinigungen und hilft, Protokolle zu optimieren.

Präzision für sichere Zelltherapie

„Hohe Reinheit ist entscheidend, um Nebenwirkungen zu minimieren und die Wirksamkeit von Transplantationen zu maximieren“, betont Dr. John Ouyang, Principal Research Scientist am Centre for Computational Biology von Duke-NUS und Seniorautor. Der Atlas liefert nicht nur eine Blaupause, sondern auch ein open-source Software-Paket, das andere Zelltypen im Gehirn analysieren kann.

Assistant Professor Alfred Sun, ebenfalls Seniorautor, ergänzt: „BrainSTEM setzt einen neuen Goldstandard. Es beschleunigt die Entwicklung zuverlässiger Parkinson-Modelle, die wirklich menschliche Biologie widerspiegeln.“

KI und personalisierte Medizin

Die hochauflösenden Daten dienen als Grundlage für KI-Modelle, die Patienten stratifizieren und Therapien maßschneidern sollen. „Wir erfassen nicht nur Zellen, sondern ihre Entwicklungsdynamik – ein Sprungbrett für präzise Medizin bei neurodegenerativen Erkrankungen“, so Ouyang.

Das Projekt wurde durch den USyd-NUS Ignition Grant und den Duke-NUS Parkinson’s Research Fund (unterstützt von der Ida C. Morris Falk Foundation) finanziert. Die Atlanten und das BrainSTEM-Toolkit werden als Open-Source-Ressource bereitgestellt.

Professor Patrick Tan, Senior Vice-Dean for Research: „Diese Arbeit etabliert mehrstufige Kartierung als unverzichtbar für komplexe Systeme. Sie beschleunigt Forschung und Therapie – und gibt Patienten mit Parkinson neue Hoffnung.“


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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