KI auf Expertenniveau: Neues Modell erkennt M-Proteine in der Serumeiweißelektrophorese

von | Okt. 22, 2025 | Forschung, Gesundheit

Heute erhält Dr. Dr. Armin Piehler, Leiter der klassischen Hämatologie am MLL Münchner Leukämielabor, den Förderpreis Digitales Labor der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) im Rahmen der MedLab Awards in Leipzig. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis, der gemeinsam an Piehler und Dr. Yadwinder Kaur vergeben wird, würdigt Piehlers bahnbrechende Arbeit zur KI-gestützten Detektion monoklonaler Proteine (M-Proteine) in der Serumeiweißelektrophorese (SPE). Die Auszeichnung findet in der Salle de Pologne statt und hebt innovative digitale Lösungen hervor, die Labore effizienter machen und Personalmangel ausgleichen.

Die preisgekrönte Publikation „Expert-level detection of M-proteins in serum protein electrophoresis using machine learning“, erschienen im Juni 2024 in der Zeitschrift Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (Clin Chem Lab Med. 2024 Jun 17;62(12):2498-2506), stellt fünf Modelle des maschinellen Lernens (ML) vor, die M-Proteine in SPE automatisch erkennen. Basierend auf einem einzigartigen Datensatz von 69.722 Serumproben aus Norwegen – dem bisher größten und am besten kuratierten seiner Art – trainierten Piehler und sein internationales Team Algorithmen wie Random Forest Classifier (RFC), Extremely Randomized Trees Classifier (ETC), AdaBoost Classifier (ABC), Gradient Boosting Classifier (GBC) und ein Convolutional Neural Network (CNN).

Die SPE, kombiniert mit Immunotyping (IMT), ist der Goldstandard zur Detektion von M-Proteinen, die auf Erkrankungen wie Multiples Myelom hinweisen. Doch die manuelle Auswertung ist subjektiv, zeitintensiv und fehleranfällig. Piehlers RFC-Modell übertrifft hier erfahrene Laborexperten (n=10, durchschnittlich 17,4 Jahre Erfahrung): Auf einem Testset von 1.000 Proben erreichte es eine F1-Score von 93,2 %, Genauigkeit von 99,1 %, Sensitivität von 89,9 % und Spezifität von 99,8 %, im Vergleich zu den Experten (F1-Score 61,2 %, Genauigkeit 89,2 %). Das Modell ist transparent – keine „Black-Box“ – und benötigt minimale Rechenleistung, was eine nahtlose Integration in den Laboralltag ermöglicht. Es verarbeitet Tausende SPEs in Sekunden, reduziert Variabilität und unterstützt Entscheidungen vor teuren Folgetests wie IMT.

Symbolbild. Credits: freepik
Symbolbild. Credits: freepik

Die Studie adressiert den wachsenden Konflikt in Laboren: Steigende Probenzahlen bei Fachkräftemangel. Durch automatisierte, konsistente Analysen könnte das Tool Ressourcen freisetzen und Diagnosen verbessern, insbesondere in mittel- bis hochdurchsatzigen Einrichtungen. Piehler betont in seiner Bewerbung: „Unsere Ergebnisse können die Lücke schließen, die durch steigende Probenanzahl und Personalmangel entsteht.“

Als Fortsetzung entwickelte Piehler ein weiteres KI-Modell zur Vorhersage von Thalassämien basierend auf Routine-Blutbildparametern. Dieses Abstract (ID: 82330) wurde zur DGKL-Tagung 2025 eingereicht und beschreibt ein eXtreme Gradient Boosting (XGB)- und Logistik-Regressions-Modell, das auf Multicenter-Daten (einschließlich 2.629 spanischer Proben) trainiert wurde. Es erreicht AUROC-Werte von bis zu 0,98 für α0-Thalassämie und 0,95 zur Differenzierung von Thalassämie und Eisenmangelanämie. Seit über einem Jahr im Routineeinsatz, hat es mehr als 700.000 Blutbilder analysiert und ermöglicht frühe genetische Beratung.

Piehlers Arbeiten unterstreichen das Potenzial von KI in der Labormedizin: Von der Automatisierung bis zur Präzisionsdiagnostik. Experten sehen darin einen Meilenstein für digitale Transformation, der Patientensicherheit steigert und Kosten senkt. Die vollständige Publikation ist unter PMC11470231 verfügbar.

Weiterführende Informationen:

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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