Neue Methode ermöglicht hochaufgelöste Infrarot-Karten lebender Zellen

von | Okt. 17, 2025 | Digitalisierung, Forschung

Mit Infrarot-Vibrationsspektroskopie an der Synchrotronquelle BESSY II können hochaufgelöste Karten von Molekülen in lebenden Zellen und Zellorganellen in ihrer natürlichen wässrigen Umgebung erstellt werden. Dies zeigt eine Studie eines Teams vom Helmholtz-Zentrum Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Nano-IR-Spektroskopie mit infrarotstreuendem Nahfeld-Optikmikroskop eignet sich zur Untersuchung winziger biologischer Proben und erzeugt Infrarotbilder der Molekülschwingungen mit Nanometer-Auflösung. Sogar dreidimensionale Informationen in Form von Infrarot-Tomogrammen sind möglich. Zur Überprüfung der Methode züchtete das Team Fibroblasten auf einer hochtransparenten Siliziumkarbid-Membran und untersuchte sie in vivo. Das Verfahren eröffnet neue Einblicke in die Zellbiologie.

Die Infrarot-Mikrospektroskopie ist eine zerstörungsfreie Technik zur Charakterisierung biologischer Gewebe oder Zellen. Mit Hilfe des Nahfeld-Optikmikroskops reichen kleinste Probenvolumina aus, um detaillierte Informationen über die molekulare Zusammensetzung, Struktur und Wechselwirkungen mit einer räumlichen Auflösung von bis zu zehn Nanometern zu gewinnen.

Die Zelle wird auf einer Si-C-Membran gezüchtet und in ihr flüssiges Medium eingebettet. Die Spitze des s-SNOM erfasst Schwingungen, die durch Infrarotlicht von BESSY II ausgelöst werden. | Copyright: A. Veber/HZB
Die Zelle wird auf einer Si-C-Membran gezüchtet und in ihr flüssiges Medium eingebettet. Die Spitze des s-SNOM erfasst Schwingungen, die durch Infrarotlicht von BESSY II ausgelöst werden. | Copyright: A. Veber/HZB

Die IRIS-Beamline an BESSY II liefert das hochbrillante Infrarotlicht, das für diese Methode benötigt wird. In der aktuellen Studie unter Leitung von Alexander Veber vom Helmholtz-Zentrum Berlin und Janina Kneipp von der Humboldt-Universität demonstrierte das Team die Wirksamkeit des Verfahrens, indem es Schwingungsspektren lebender Fibroblasten-Zellen in Flüssigkeiten aufzeichnete. Fibroblasten sind für den Aufbau von Bindegewebe und die Produktion von Kollagen zuständig.

Dabei setzte das Team erstmals eine ultradünne Siliziumkarbid-Membran als biokompatible Schutzschicht zwischen den Zellen in ihrem flüssigen Medium und der Sondenspitze des Infrarot-Nanoskops ein, das die Schwingungen erfasst.

Nicht nur der Zellkern und die Zellorganellen konnten sichtbar gemacht werden, sondern anhand der erfassten Schwingungsspektren ließen sich auch die Beiträge von Proteinen, Nukleinsäuren, Kohlenhydraten und Membranlipiden auslesen. Dies war möglich, da die Siliziumkarbid-Membran für Infrarotlicht hochtransparent ist. Die beobachteten Zellstrukturen im Nanobereich entsprechen der bekannten Heterogenität von Zellen und bestätigen damit die neue Methode.

Durch Variation der Messparameter konnte gesteuert werden, wie tief in der Probe die Signale erfasst werden. So ließen sich verschiedene Schichten untersuchen. Dies bereitet den Weg für die Infrarot-Nanotomographie von Zellen, also eine detaillierte dreidimensionale Visualisierung der Zellstruktur und -zusammensetzung. Standardisierte zweidimensionale und dreidimensionale Schwingungsbildgebung sowie -spektroskopie könnten Fortschritte in der Biophysik und bei Nanomaterialien beschleunigen.

Die Methode ermöglicht eine genauere Analyse biologischer Proben und Flüssig-Fest-Grenzflächen als bisher. Im Prinzip könnten damit jede Art von Zellen untersucht werden, einschließlich Krebszellen. Die Entwicklung steht ab sofort allen Nutzergruppen der IRIS-Beamline zur Verfügung.


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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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