Heidelberger Forschende entdecken neuen Mechanismus der HIV-Integration

von | Sep. 16, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) am Universitätsklinikum Heidelberg haben einen bislang unbekannten molekularen Mechanismus aufgedeckt, mit dem das HI-Virus seine Integrationsstellen im menschlichen Erbgut gezielt auswählt.

Das Team um die Wissenschaftlerin Marina Lusic zeigte, dass sogenannte RNA:DNA-Hybride, auch R-Loops genannt, als Wegweiser dienen. Das Virus nutzt diese Strukturen, die vor allem in aktiven Genabschnitten vorkommen, um sein Erbgut dauerhaft in Immunzellen einzubauen. Gemeinsam mit dem Enzym HIV-1-Integrase entsteht so ein Infektionsreservoir, das durch heutige Therapien nicht zuverlässig beseitigt werden kann.

Kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme einer T-Zelle (Immunzelle), die von HI-Viruspartikeln (gelb) infiziert worden ist | Copyright: © National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)
Kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme einer T-Zelle (Immunzelle), die von HI-Viruspartikeln (gelb) infiziert worden ist | Copyright: © National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)

Die Forscherinnen und Forscher identifizierten zudem das zelluläre Enzym Aquarius als entscheidenden Faktor in diesem Prozess. Aquarius wirkt wie ein Türöffner, indem es die R-Loops entwindet und der Integrase den Zugang erleichtert. Wird Aquarius blockiert, sinkt die Rate der Virusintegration deutlich, wobei verbleibende Integrationen in R-Loop-arme Regionen ausweichen. Die nun in Nature Microbiology veröffentlichten Ergebnisse verdeutlichen eine zentrale Schwachstelle im Lebenszyklus von HIV und eröffnen neue Ansatzpunkte, um die Bildung viraler Reservoire zu verhindern. Das ist von besonderer Bedeutung, da bestehende antiretrovirale Medikamente die Vermehrung des Virus zwar wirksam unterdrücken, zugleich jedoch eine lebenslange Einnahme erforderlich machen. Unterbrechungen bei der Behandlung führen schnell zu einem Wiederanstieg der Viruslast und begünstigen Resistenzen.

Ein besseres Verständnis der Virusintegration könnte langfristig die Entwicklung von Therapien ermöglichen, die das gezielte Verstecken des Virus im Genom behindern und damit auch kurative Behandlungsansätze in Reichweite rücken. Die jetzt vorgestellten Befunde entstanden im Rahmen einer breit angelegten Forschungskooperation, die vom DZIF und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde. Beteiligt waren neben den Heidelberger Infektionsforschern auch Partnerinstitutionen in Zagreb, Padua, London und Bordeaux, die Expertise aus Bioinformatik, Strukturbiologie und Retrovirologie einbrachten.

Original Paper:

Aquarius helicase facilitates HIV-1 integration into R-loop enriched genomic regions | Nature Microbiology

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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