Hamburger und Göttinger Forschende entdecken Nanobody gegen Herpesvirus

von | Sep. 4, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschende des Leibniz-Instituts für Virologie (LIV), der Universität Hamburg (UHH), des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Max-Planck-Instituts für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen haben einen Mini-Antikörper entwickelt, der das Herpes-Simplex-Virus (HSV) in einem frühen Infektionsstadium neutralisieren kann. Die im Fachjournal Nature veröffentlichten Ergebnisse könnten neue Wege für die Behandlung und Prävention schwerer Herpesinfektionen eröffnen, insbesondere für Neugeborene und immungeschwächte Personen.

Weltweit infizieren sich jährlich über 40 Millionen Menschen mit dem Herpesvirus, das in zwei Hauptformen auftritt: HSV-1, das meist Lippenherpes verursacht, und HSV-2, das vorwiegend Genitalherpes auslöst. Etwa 60 Prozent der Weltbevölkerung tragen HSV-1, während knapp 20 Prozent an Genitalherpes leiden. Das Virus verbleibt lebenslang in Nervenzellen und kann bei Stress oder geschwächtem Immunsystem reaktiviert werden. Für gesunde Menschen ist Herpes meist unangenehm, doch für Neugeborene und immungeschwächte Personen kann es schwere, teils tödliche Folgen haben, etwa durch Schäden am zentralen Nervensystem. Derzeitige Medikamente wirken nur bei aktiven Infektionen und sind weder präventiv noch gegen latente Infektionen einsetzbar.

Verschiedene Viren aus der Familie der Herpesviridae. Zu diesen gehören Varizella-Zoster (Windpocken) und Herpes simplex Typ 1 und 2 (HSV-1, HSV-2). Credits: CDC / Wikipedia
Verschiedene Viren aus der Familie der Herpesviridae. Zu diesen gehören Varizella-Zoster (Windpocken) und Herpes simplex Typ 1 und 2 (HSV-1, HSV-2). Credits: CDC / Wikipedia

Das Forschungsteam untersuchte das Glykoprotein B (gB), das für die Fusion der viralen und zellulären Membranen entscheidend ist. Mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie gelang es, die hochaufgelöste Struktur des fusionsbereiten gB-Komplexes zu bestimmen. Dabei entdeckten die Forschenden einen Nanobody, der aus Alpakas gewonnen wurde und gB in geringen Konzentrationen neutralisiert. Dieser Mini-Antikörper bindet an die fusionsbereite Form von gB und verhindert dessen Formveränderung, wodurch die Membranfusion blockiert und die Infektion gestoppt wird. Der Nanobody wirkt sowohl gegen HSV-1 als auch HSV-2.

Die Nanobodies wurden durch Immunisierung eines Alpakas erzeugt, wobei die Belastung für das Tier minimal war. Aus einer Blutprobe wurden spezifische Nanobodies isoliert und mikrobiologisch produziert. Die 3D-Struktur von gB mit dem gebundenen Nanobody sowie Modelle vor und nach der Fusion lieferten detaillierte Einblicke in den Neutralisierungsmechanismus. Die Technologieplattformen für Kryo-Elektronenmikroskopie und Bildanalyse am Centre for Structural Systems Biology (CSSB) in Hamburg waren dafür entscheidend.

Die Entdeckung bietet großes Potenzial für die Behandlung und Prävention von Herpesinfektionen. Nanobodies könnten nicht nur bestehende Infektionen ergänzen, sondern auch besonders gefährdete Gruppen wie Neugeborene, HIV-Infizierte oder Menschen mit Krebs und Autoimmunerkrankungen schützen. Beispielsweise könnte eine prophylaktische Gabe an schwangere Frauen mit aktiver Herpesinfektion neonatale Infektionen verhindern. Ein Patentantrag zur Weiterentwicklung der Nanobodies für klinische Anwendungen wurde bereits eingereicht, um die Grundlage für zukünftige Therapien zu schaffen.

Original Paper

Vollmer, B.; Ebel, H.; Rees, R.; Nentwig, J.; Mulvaney T.; Schünemann, J.; Krull, J.; Topf, M.; Görlich, D.; Grünewald, K.: A nanobody specific to prefusion glycoprotein B neutralises HSV-1 and -2. In: Nature


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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