Mindestmengenregelung für Frühgeborene: Bundesländer klagen, Experten warnen vor Risiken

In Deutschland müssen Kliniken seit Januar 2024 jährlich mindestens 25 extrem unreif geborene Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.250 Gramm behandeln, um diese besonders vulnerablen Neugeborenen versorgen zu dürfen. Diese Mindestmengenregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zielt darauf ab, die Versorgungsqualität für Frühgeborene durch Konzentration von Expertise und technischer Ausstattung zu verbessern. Untersuchungen belegen einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl behandelter Frühgeborener und einer niedrigeren Mortalitätsrate, was die Regelung untermauert. Dennoch haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt Klage gegen die Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht, da sie einen Eingriff in ihre Hoheit sehen.

Etwa zehn Prozent der Kinder in Deutschland kommen vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt, ein Prozent sogar vor der 32. Woche. Diese extrem früh geborenen Kinder, die oft weniger als 1.250 Gramm wiegen, benötigen hoch spezialisierte medizinische Versorgung. Die Mindestmengenregelung soll sicherstellen, dass nur Kliniken mit ausreichender Erfahrung und interdisziplinären Teams diese Kinder behandeln. Experten betonen, dass eine zentralisierte Versorgung in etwa 50 spezialisierten Einrichtungen deutschlandweit optimale Bedingungen schaffen könnte, während wohnortnahe Geburten mit niedrigem Risiko weiterhin durch Kinderärzte begleitet werden sollten.
Das Uniklinikum Dresden, das größte Perinatalzentrum Sachsens, versorgte 2024 insgesamt 385 Frühgeborene, darunter 98 mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm. Dank der hohen Expertise überleben dort selbst Kinder mit einem Geburtsgewicht von unter 500 Gramm gesund. Sachsen weist die niedrigste Säuglingssterblichkeit in Deutschland auf, was auf die enge regionale Zusammenarbeit und das deutschlandweit einzigartige Zentrum für feto-neonatale Gesundheit zurückzuführen ist. Dieses Modell koordiniert die Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen, unabhängig von der Komplexität der Schwangerschaft, und gilt als vorbildlich.
Die Klage der drei Bundesländer wird von Medizinern kritisch gesehen. Experten warnen, dass ein Stopp der Regelung die notwendige Strukturanpassung verzögern und die Versorgung Frühgeborener gefährden könnte. Eine Konzentration der Versorgung in erfahrenen Zentren sei essenziell, um langfristig bessere Ergebnisse für diese Kinder und ihre Familien zu erzielen. Das Bundesverfassungsgericht muss nun klären, ob die Regelung die Kompetenzen der Länder verletzt, während die Debatte über die optimale Versorgung Frühgeborener weitergeht.
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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