Durchbruch in der Tumortherapie: Erste Behandlung mit radioaktiven Ionenstrahlen

Ein bahnbrechender Fortschritt in der Krebstherapie wurde mit der ersten erfolgreichen Behandlung eines Tumors bei einem Tier mithilfe radioaktiver Ionenstrahlen erzielt. Das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant geförderte Projekt „BARB – Biomedical Applications of Radioactive ion Beams“ unter Leitung von Prof. Marco Durante vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt hat diesen Meilenstein erreicht. Die Ergebnisse, veröffentlicht in Nature Physics, markieren einen entscheidenden Schritt in der Weiterentwicklung der Teilchentherapie.
Die Studie, die in enger Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) unter Prof. Katia Parodi sowie den Forschungssäulen APPA und NuSTAR des FAIR-Programms entstand, nutzt radioaktive Ionenstrahlen (RIB) gleichzeitig für die Tumorbehandlung und die Bildgebung in Echtzeit. Dieses innovative Konzept reduziert die Reichweitenunsicherheit, eine der größten Herausforderungen der Teilchentherapie, und ermöglicht eine präzisere Bestrahlung. Obwohl die Idee bereits vor fast 50 Jahren am Lawrence Berkeley Laboratory entstand, wurde sie erst durch die intensiven Strahlen im Rahmen der „FAIR-Phase 0“ am GSI/FAIR machbar.

Die Forscher behandelten erfolgreich ein Osteosarkom im Halsbereich einer Maus mit einem radioaktiven Kohlenstoff-Ionenstrahl (11C), der Positronen mit einer Halbwertszeit von etwa 20 Minuten emittiert. Der Tumor lag nahe am Rückenmark, wo Abweichungen von wenigen Millimetern schwere Schäden verursachen können. Mit einer Strahlendosis von 20 Gray gelang eine vollständige Tumorkontrolle ohne neurologische Nebenwirkungen. Ein Schlüsselinstrument war ein hochauflösender In-Beam-PET-Scanner, entwickelt an der LMU in Zusammenarbeit mit dem Labor von Prof. Taiga Yamaya (QST-Chiba). Ursprünglich im Rahmen des ERC-Projekts „SIRMIO“ entworfen, wurde der Scanner für BARB weiterentwickelt, um die Strahlenortung in Echtzeit zu ermöglichen.
Die präzise Bildgebung während der Bestrahlung verbessert die Genauigkeit der Teilchentherapie erheblich. Dies könnte die Behandlung von Metastasen, Tumoren nahe kritischer Strukturen oder nicht-krebsartiger Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen revolutionieren. Zukünftige Experimente am Fragmentseparator Super-FRS, der derzeit bei FAIR gebaut wird, sollen die Intensität der radioaktiven Strahlen weiter steigern und die Methode für klinische Anwendungen vorbereiten. Die Ergebnisse von BARB bilden auch die Grundlage für Prof. Durantes neues ERC-Projekt „Heavy Ion FLASH (HI-FLASH)“, das ultraschnelle Bestrahlungstechniken erforscht.
Die Studie zeigt, wie angewandte Kernphysik die Medizin voranbringen kann. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von GSI/FAIR, LMU und internationalen Partnern wurde ein wegweisender Ansatz entwickelt, der die Tumortherapie präziser, sicherer und effektiver machen könnte.
Original Paper:
Image-guided treatment of mouse tumours with radioactive ion beams | Nature Physics
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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