KI-Modell revolutioniert Diagnostik von Darmkrebs

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Jakob N. Kather vom Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit an der TU Dresden hat ein neuartiges KI-Modell entwickelt, das die Diagnostik von Darmkrebs beschleunigen und kostengünstiger gestalten könnte. Das Modell erkennt genetische Veränderungen und daraus resultierende Gewebeveränderungen direkt aus Gewebeschnittbildern, wie eine multizentrische Studie mit fast 2.000 Patientenproben aus Europa und den USA zeigt. Die Ergebnisse wurden in The Lancet Digital Health veröffentlicht.
Die Studie analysierte digitalisierte Gewebeschnitte von Darmkrebspatienten aus sieben unabhängigen Kohorten, ergänzt durch klinische, demografische und lebensstilbezogene Daten. Das neue „Multi-Target-Transformer-Modell“ sagt gleichzeitig mehrere genetische Veränderungen, wie BRAF- oder RNF43-Mutationen und Mikrosatelliteninstabilität (MSI), aus standardmäßig gefärbten histologischen Schnitten voraus. Im Gegensatz zu früheren Modellen, die meist nur eine Mutation erkannten, identifiziert dieses Modell auch bislang klinisch unbeachtete Biomarker und erkennt gemeinsame visuelle Muster, die durch das Zusammenspiel mehrerer Mutationen entstehen. Besonders MSI, ein wichtiger Biomarker für die Eignung von Immuntherapien, konnte zuverlässig nachgewiesen werden.

Die Entwicklung des Modells basierte auf einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Experten aus Datenwissenschaft, Informatik, Epidemiologie, Pathologie und Onkologie. Pathologische Expertise, etwa von Dr. Nic Reitsam vom Universitätsklinikum Augsburg, war entscheidend für die Beurteilung der Gewebeveränderungen. Das Modell schnitt bei der Vorhersage von Biomarkern mindestens so gut ab wie etablierte Ansätze und übertraf diese teilweise. Es zeigte, dass viele Mutationen gehäuft in MSI-Tumoren auftreten, was neue Einblicke in die Zusammenhänge zwischen molekularen und morphologischen Veränderungen liefert.
Die Technologie könnte künftig als Vorscreening-Werkzeug dienen, um gezielt Patienten für weiterführende molekulare Tests auszuwählen und Therapieentscheidungen zu optimieren. Die Forschenden planen, den Ansatz auf andere Krebsarten zu übertragen. Beteiligt waren renommierte Institutionen wie das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg, das Fred Hutchinson Cancer Center in Seattle, die Medizinische Universität Wien und die Mayo Clinic.
Das EKFZ für Digitale Gesundheit, gefördert von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, treibt solche Innovationen voran, um die Digitalisierung in der Medizin für eine bessere Gesundheitsversorgung zu nutzen. Die Studie markiert einen wichtigen Schritt hin zu einer schnelleren, präziseren und kosteneffizienten Krebsdiagnostik.
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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