Laborwerte: Harnsäure auch im Normbereich mit Herz-Kreislauf-Risiko verknüpft

Eine Studie der Universitätsmedizin Halle zeigt, dass Harnsäurespiegel im Blut, selbst wenn sie im als normal geltenden Bereich liegen, mit einer erhöhten Gefäßsteifigkeit und damit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind. Die im Fachjournal BMC Medicine publizierte Arbeit basiert auf Daten von über 70.000 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie und zeigt, dass dieser Zusammenhang bei Frauen stärker ausgeprägt ist.
Die Untersuchung wurde von einem interdisziplinären Konsortium aus den Bereichen Physiologie, Nephrologie, Biometrie, Biobank und digitalen Forschungsmethoden durchgeführt. Die Forschenden analysierten die Harnsäurekonzentration im Blutserum von Personen im Alter von 19 bis 74 Jahren und verglichen diese mit Werten der Pulswellengeschwindigkeit, ein Maß für die Gefäßsteifigkeit. Obwohl neun von zehn Teilnehmenden Harnsäurewerte im Normbereich (Frauen: 140–360 µmol/l, Männer: 180–420 µmol/l) aufwiesen, war ein Zusammenhang mit der Gefäßsteifigkeit erkennbar. Eine Erhöhung der Harnsäure um 100 µmol/l entsprach einer Gefäßalterung von etwa sieben Jahren bei Frauen und vier Jahren bei Männern.

Die Ergebnisse stellen nach Ansicht der Forschenden die bisherigen Grenzwerte für Harnsäure infrage und legen nahe, dass diese enger gefasst werden sollten. Besonders bei Frauen, die eine niedrigere Pulswellengeschwindigkeit aufweisen, könnte eine präventive Therapie mit harnsäuresenkenden Medikamenten auch im Normbereich sinnvoll sein, insbesondere bei weiteren Risikofaktoren wie Übergewicht oder Stoffwechselerkrankungen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Harnsäureausscheidung und molekularen Signalwegen könnten die stärkere Wirkung bei Frauen erklären.
Durch den Einsatz maschinellen Lernens (Random Forest) wurden Harnsäurewerte zudem als bedeutender Risikofaktor für Gefäßsteifigkeit identifiziert, noch vor Rauchen, Langzeitblutzucker oder Alkoholkonsum. Die Studie liefert eine mechanistische Erklärung für den Zusammenhang zwischen Harnsäure und kardiovaskulären Risiken, ein kausaler Beweis steht jedoch noch aus. Das Forschungsteam plant weitere Untersuchungen, darunter experimentelle Studien mit Gefäßzellkulturen und eine Folgeuntersuchung mit 7.000 Teilnehmenden der NAKO-Studie, um zusätzliche Parameter und zeitliche Entwicklungen zu analysieren.
Original Paper:
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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