Intensität des illegalen Opioidkonsums variiert drastisch – weit gravierender als bislang angenommen

von | Juli 16, 2025 | Forschung, Gesundheit

Illegale Opioide wie Fentanyl oder Nitazene können zu erheblichen gesundheitlichen Schäden führen – doch wie gravierend die Auswirkungen sind, hängt maßgeblich von der konsumierten Menge ab. Eine neue Studie von Wissenschaftlern der Carnegie Mellon University, der RAND Corporation und der University of Maryland zeigt nun: Die Intensität des Opioidkonsums auf dem illegalen Markt schwankt erheblich und ist deutlich komplexer als bisher angenommen.

Veröffentlicht im American Journal of Drug and Alcohol Abuse analysiert die Studie, inwieweit die durchschnittliche tägliche Opioidmenge, die konsumiert wird, nach Region, Zielgruppe und Umständen variiert. Basierend auf der Auswertung von 135 relevanten Fachartikeln untersuchten die Forscher drei Konsumentengruppen – Personen, die Opioide illegal beziehen, Menschen mit dokumentiertem Konsum bei Behandlungsbeginn sowie Patient:innen mit Opioidkonsumstörungen, die über ein medizinisches System versorgt werden.

Die USA stecken in einer Drogenkrise. Allein 2022 erreichte die Gesamtzahl der Drogentoten mit 107.941 Fällen einen historischen Höchststand. (Credits: MART PRODUCTION/pexels)
Die USA stecken in einer Drogenkrise. Allein 2022 erreichte die Gesamtzahl der Drogentoten mit 107.941 Fällen einen historischen Höchststand. (Credits: MART PRODUCTION/pexels)

Die Ergebnisse zeichnen ein drastisches Bild: Während der tägliche Konsum außerhalb strukturierter Programme teils unter 100 Morphin-Milligramm-Äquivalenten (MME) liegt, steigt er auf rund 600 MME bei typischem Marktzugang – und erreicht bis zu 1.800 MME täglich in Programmen mit kostenfreiem Zugang zu therapeutischen Opioiden, etwa bei heroingestützter Behandlung.

„Wir wollten wissen, ob stark konsumierende Bevölkerungsgruppen im Durchschnitt ähnliche Mengen pro Tag zu sich nehmen – oder ob es kontext- und regionsabhängige Unterschiede gibt. Die Antwort ist eindeutig: Ja, es gibt enorme Schwankungen“, erklärt Studienleiter Prof. Jonathan P. Caulkins von der Carnegie Mellon University.

Demnach berichten insbesondere Behandlungswillige von einem signifikant höheren Konsum als Personen außerhalb medizinischer Systeme. Zudem zeigen Daten aus jüngerer Zeit – insbesondere aus der Ära von illegalem Fentanyl – eine Tendenz zu noch höheren Tagesdosen, während gleichzeitig die Drogenpreise gesunken sind. Das deutet darauf hin, dass sinkende Preise in bestimmten Regionen zu einem intensiveren Konsum führen könnten.

Die starke Variation der Konsummengen hat weitreichende Konsequenzen, wie Co-Autor Beau Kilmer von der RAND Corporation betont: „Behandlungsstrategien und Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Überdosierungen müssen an die heute teilweise deutlich höheren Basiskonsummengen angepasst werden. Auch Annahmen über längerfristige gesundheitliche Schäden durch Opioide, die auf älteren – niedriger angesetzten – Konsumdaten basieren, gehören vielleicht überdacht.“

Die Forscher fordern daher eine Ausweitung und Verbesserung epidemiologischer Überwachungssysteme, die neben der Prävalenz – also der Zahl der Konsumenten – auch die durchschnittliche Konsumintensität systematisch erfassen sollten. Zwei Ansätze schlagen die Studienautoren vor: regelmäßige Befragungen von Nutzern zu ihrem Konsumverhalten kombiniert mit Qualitätsdaten aus Strafverfolgung und Drogenkontrolldiensten oder alternativ die Erhebung von Ausgaben, ergänzt durch Preis- und Reinheitsinformationen der Märkte.

Trotz Fortschritten in der Schadensminderung und dem Zugang zu medizinischer Versorgung bleibt der illegale Opioidkonsum ein dynamisches, schwer zu kontrollierendes Feld – insbesondere, solange relevante Kenngrößen wie die tatsächliche Dosisaufnahme nicht systematisch erfasst werden. Die vorliegende Studie ist daher ein eindringlicher Aufruf an Politik und Forschung, künftig auch die Intensität des Konsums stärker in den Blick zu nehmen.

DOI

10.1080/00952990.2025.2504147 

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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